By 22. Oktober 2013 Read More →

Investoren ziehen sich zurück

Alles wird gut. Wussten Sie das? Die Anleger an der Wall Street wissen es. Selbst zum 26. Jubiläum des 1987er Crashs. Sieht man sich die technischen Details der neuen Rekordmarken an, ermutigt das, sich auf den Fischzug zur Gegenseite vorzubereiten!

 

„Der Kluge ist der, welchen die scheinbare Stabilität nicht täuscht und der noch dazu die Richtung, welche der Wechsel zunächst nehmen wird, vorhersieht.“, meinte Friedrich Nietzsche. „Es will mir scheinen, als ob ein Kranker leichtsinniger sei, wenn er einen Arzt hat, als wenn er selber seine Gesundheit besorgt.“ Ebenfalls von Nietzsche und perfekt auf das Verhalten von Banken und überschuldeten Staaten anzuwenden, die in SoFFin, EFSF, ESM und vor allem den Notenbanken so etwas wie hilfsbereite Notfallmediziner zu erkennen glauben, dank deren Einsatzbereitschaft getrost ungehemmt dem sgn. moral hazard gefrönt werden kann.

Der „kleine Mann“ hat dieses Problem nicht. Denn ihm geht es, wie GfK und Bundesregierung nicht müde werden festzustellen, finanziell deutlich besser, da sein verfügbares Einkommen zuletzt deutlich gestiegen ist. Und weil das nun gar so oft zu hören war, sind davon mittlerweile laut Umfragen auch die Verbraucher selbst überzeugt, die laut Konsumforscher Rolf Bürkl vom Marktforschungsuntertnehmen GfK derzeit „geradezu euphorisch“ shoppen gehen. Klingt das nicht gut?

Mag sein. Tatsächlich aber haben die realen Einkommen der Bundesbürger seit zwei Quartalen den Rückzug angetreten. Denn wie das Statistische Bundesamt errechnet hat, fielen die verfügbaren Einkommen im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent, nachdem sie im ersten Quartal um 0,1 Prozent nachgegeben hatten. Und was die euphorische Kauflaune der Verbraucher betrifft: Der reale Umsatzanstieg des Einzelhandels belief sich in den ersten acht Monaten des Jahres auf nur ein Zehntel Prozent.

Zwischen Sein und (gewolltem) Schein klaffen Welten. Und das tun sie auch bei einem erheblich brisanteren Thema, bei der Altersarmut. Hier allerdings schätzen die Verbraucher ihre Lage weitaus realistischer ein. Denn rund die Hälfte aller heutigen Arbeitnehmer rechnet damit, dass ihre Altersbezüge ihnen später keinen auskömmlichen Lebenshalt bescheren werden. Womit sich dann aber die Frage stellt, warum die Bereitschaft zur privaten Zusatzvorsorge jetzt auf einem neuen historischen Tiefpunkt angelangt ist.

Und hier stoßen wir auf das alte Thema: Erwerbsarmut, d. h. durch Arbeit erzeugte Einkommen, die nicht für die Lebensführung reichen, bedingen Altersarmut. Kommt es nun tatsächlich zur großen Koalition, dürfte dieses Thema vielleicht durch einen flächendeckenden Mindestlohn etwas entschärft werden, aber solange beim Netto nichts herauskommt, von dem die Betroffenen etwas auf die hohe Kante legen können, sind die Appelle der Politik an die Eigenverantwortung der Bürger ein böser Scherz, der später einmal durch wiederum höhere Schulden oder aber die Mehrbelastung der Arbeitnehmer aufgewogen werden muss. Womit sich die Katze dann in den Schwanz bisse.

USA: Shutdown verschoben

Um schönen Schein geht es auch im US-Haushaltsstreit und bei der Anhebung der Schuldenobergrenze. Denn die wieder einmal in letzter Minute zustande gekommende „Einigung“ bedeutet ja nur das Eingeständnis, das man sich in der Sache eben nicht einigen konnte und den Streithähnen nun rst einmal eine dreimonatige Abkühlungsphase verschafft hat.

Am Beispiel eines einzigen Dollars zeigt sich deutlich, wie es um die Ausgaben des Staatshaushaltes bestellt ist: 54 Cent jedes ausgegebenen Dollars stammen aus den „Revenues“, also Steuereinnahmen. Die restlichen 46 Cent sind neue Schulden, die sich auf die bestehenden, nach der „Einigung“ abrupt auf 17 Billionen US-Dollar gesprungenen Altschulden draufsatteln. Um die Sache einmal mit Zahlen zu skizzieren, die jeder nachvollziehen kann: Hierzulande „macht“ jeder Bundesbürger pro Tag und Kopf rund 50 Cent neue Schulden, in den USA sind es umgerechnet 4,70 Euro. Und am Ende einer derartigen Schuldenspirale haben die Politiker nur noch die Wahl, es immer und immer noch schlimmer zu treiben, da sonst der Shutdown, also der Zusammenbruch droht. Und treiben es immer und immer noch schlimmer.

Wall Street: Soll fast erfüllt

In der vergangenen Woche hatte ich Ihnen einen Langfristchart des Dow Jones gezeigt. Die obere Begrenzung der dort abgebildeten „Megaphon“- Formation wurde in dieser Woche noch nicht erreicht. Interessant wird es jetzt aber beim S&P 500, in dem über 80 Prozent der an der Wall Street gelisteten Aktienkapitalisierung enthalten sind.

retz2210_1

Wie Sie erkennen, fehlen dem Index jetzt nur noch ein paar Pünktchen, um die obere Begrenzung des seit Frühjahr 2009 etablierten Aufwärtstrendkorridors zu erreichen. Theoretisch kann der Kurs diesen Widerstand natürlich einfach ignorieren, wahrscheinlicher aber ist es, dass wir dort Gewinnmitnahmen sehen werden, die dann durchaus das Zeug hätten, eine größere Korrektur einzuleiten. Dafür spricht vor allem der eigenartig tiefe Stand des Money Flow-Indikators, der so ganz und gar nicht zu einem neuen Allzeithoch passen will, sondern in dieser Form weit besser zu einem Abwärtsmarkt passen würde. Es fließt also derzeit offenkundig auch eine Mange Kapital aus dem Markt heraus. Die Bullen sollten deswegen nicht das Handtuch werfen, auch wenn sich zum 26. Mal der Tag des 1987er Crashs jährte. Aber das sollte ihnen Mahnung sein, dass der Markt sehr schnell von himmelhoch jauchzend auf zu Tode betrübt umschalten kann. Stopps sind also Anlegers bestes Rezept für einen guten Schlaf.

DAX: Am Rockzipfel der USA

Wie eng der deutsche Aktienmarkt an den US-Vorgaben klebt, hatte ich hier ja wiederholt unterstrichen. Und diese Abhängigkeit geht soweit, dass sich deutsche Analysten eigentlich ihre Arbeit  sparen könnten. Denn der DAX hatte noch nie ein Eigenleben. Und alles deutet darauf hin, dass das auch so bleiben wird.

Jeden Kursausschlag, den der US-Index vormacht, vollzieht der DAX nach. So kann es auch nicht verwundern, dass sich der deutsche Aktienindex jetzt ebenfalls kurz vor der oberen Begrenzungslinie des im Frühjahr 2009 begonnenen Aufwärtstrends befindet. Was den Money Flow-Indikator betrifft, sieht es hier nicht gar so rabenschwarz aus wie beim S&P 500. Aber das bedeutet noch keineswegs Entwarnung. Denn bei 50 verläuft für diesen Indikator die Trennlinie zwischen bullish und bearish. Und die im Chart erkennbare, ausgeprägte negative Divergenz des Money Flows gegenüber dem Kursverlauf des DAX spielt auf Sicht zweifellos eher den Bären in die Hand.

retz2210_2

Ob und wann es hier zum Schwur kommt, hängt natürlich wieder einmal von der Wall Street ab.

 

IBM: Wochenverlierer

Als einzige Aktie hatte ich Ihnen hier heute vor einer Woche IBM ans Herz gelegt und auf die bearishe charttechnische Verfassung dieses Papiers verwiesen. Im Wochenvergleich setzte sich „Big Blue“ dann an die Spitze der Verlierer im Dow Jones. und das (s. Chart) unter den höchsten Umsätzen seit über zwei Jahren.

retz2210_3

So muss ein „richtiges“ Verkaufssignal aussehen! Und damit ist nun noch sicherer, dass diese Aktie bei einer generellen Abwärtskorrektur an der Wall Street für Put-Käufer noch jede Menge schöne Überraschungen bereithalten dürfte. Wo Neueinsteiger hier den Stopp setzen sollten, erklärt sich beim Blick auf den Chart nun wirklich ganz von allein.

Caterpillar: Abwärts-Chancen

Damit zu einer weiteren Dow-Aktie, die unsere Aufmerksamkeit spätestens an dem Tag verdient, wenn ausnahmsweise einmal wieder die Bären ans Ruder kommen: Caterpillar.

Der 1925 gegründete, mittlerweile weltgrößte Hersteller von Baumaschinen, der sich seit Jahren in eine gefährlich hohe Abhängigkeit von der Nachfrage nach Bergbau-Gerät gebracht hat, kann dem Höhenflug des Dow Jones bereits seit geraumer Zeit nicht mehr folgen. Stattdessen hat sich hier ein riesiges „Doppelhoch“ gebildet, an das sich dann eine langgezogene Seitwärtsbewegung anschloss, deren untere Begrenzungslinie bei 80 US-Dollar verläuft.

retz2210_4

Diese Marke sollten Sie im Auge behalten. Denn wird sie auf Schlusskursbasis unterschritten, dürfte die Aktie einen schönen Sell-off erleben. Machen Sie was draus!

 

Viel Erfolg und beste Grüße!

Axel Retz

 

 

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

About the Author:

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

Comments are closed.

Werbung
Werbung banner ad
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch die weitere Nutzung der Seite www.chartanalysen-online.de stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.