DAX-Chartanalyse: Ruhe vor dem Sturm?

Auch am Dienstag schraubte der Markt seine bisherige Rekordmarke weiter nach oben. Euphorie will aber nicht so richtig aufkommen. Die Vola und die Umsätze sind im Keller. Es wird Zeit für ein kleines Sommergewitter.   

Stunden- und Tagesanalyse:

Eigentlich müssten die Käufer mit der jüngsten Entwicklung sehr zufrieden sein. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so dynamisch wie der S&P 500 liefert auch der deutsche Aktienmarkt fast jeden Tag neue Rekorde. Allerdings ist die Dynamik nicht gerade sehr attraktiv, im Gegenteil. Fast schon könnte man meinen, dass sich die großen Investoren schon jetzt lieber mit der Fußball-WM beschäftigen oder im Urlaub weilen. So fällt das durchschnittliche Handelsvolumen, berechnet auf Basis der vergangenen vier Wochen, kontinuierlich seit Ende März und liegt derzeit noch bei 2,8 Mrd. Euro auf Xetra. Auffallend ist besonders die Zurückhaltung, seitdem fünfstellige Kurse für den DAX aufgerufen werden – die Schwelle von drei Mrd. Euro wurde zuletzt nur noch selten überboten. Ähnlich ist die Lag ein den USA, wo die Umsätze im S&P 500-ETF auf einem sechs-Jahrestief liegen.

Grundsätzlich liegt eine nachhaltige Aufwärtsbewegung nur dann vor, wenn steigende Kurse durch steigendes Volumen bestätigt werden. Schwache Umsätze bei anziehenden Notierungen werden hingegen gerne als Signal für eine Korrektur genommen. Aber es gibt auch eine andere Sichtweise. Durch die stetig steigenden Kurse werden zunehmend mehr Anleger, die bisher noch an der Seitenlinie warten, in den Markt gezwungen, um nicht in Performancerückstand zu geraten. Die Hausse treibt die Hausse, und dieser Effekt kann durchaus länger anhalten als viele Investoren glauben.

Eine ähnliche Entwicklung liefert die Vola. Nach wie vor sind Put-Optionsscheine sehr günstig zu haben, denn der VDAX-New notiert mit Werten von 13,6 Prozent auf dem niedrigsten Niveau seit Mitte Dezember. Tiefe Vola-Stände werden an der Börse vielfach als Vorbote von kräftigen Kurskorrekturen gesehen. In der jüngeren Vergangenheit gab es durchaus einige Beispiele, die diese These rechtfertigen. Zumindest kurzfristig steigt die Gefahr von Kursrücksetzern, mittelfristig ist die Bilanz hingegen sogar positiv für Aktien-Bullen, wie eine Analyse der Citi zeigt (Link). In den Keller weist auch der Trend der ATR (durchschnittliche Handelsspanne). Auf Basis von fünf Handelstagen wird für heute eine Vola von 62 Punkten erwartet. Ende April lag der Indikator rund 100 Zähler höher. Vor diesem Hintergrund ist der Rückgang der Umsätze wenig überraschend, denn ein Markt, der in so engen Bereichen schwankt, bereitet Tradern keine Freude. Unter der Oberfläche gibt es noch weitere Warnsignale, besonders an den US-Börsen. Die Charts habe ich gestern im Webinar gezeigt, hier finden Sie die Aufzeichnung.

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Abseits dieser Sentiment- und Volumenüberlegungen weisen die wichtigsten charttechnischen Trends unvermindert aufwärts. Auch heute dürfte der DAX, zumindest intraday, ein neues Rekordhoch erreichen. Neue Widerstände auf der Oberseite müssen sich  erst noch ausbilden. Grundsätzlich ist noch genügend Luft vorhanden. Der Abstand zur 21-Tage-Linie von derzeit rund 1,8 Prozent liegt deutlich unter dem kritischen Niveau von 3,8 Prozent. Lediglich die geringe Anzahl an Aktien, die nicht über ihrer 21-Tage-Linie handelt, deutet auf eine ausgereizte Markttechnik.

Auf der Südseite sind unmittelbare, verlässliche Haltemarken eher Mangelware. Die Tiefpunkte seit dem 19. Mai können mit einer Aufwärtstrendlinie verbunden werden, die Gerade verläuft zur Wochenmitte bei 10.000. Der nächste, bestätigte Haltebereich liegt hingegen erst bei 9865.

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Wochenanalyse:

Kaufsignal im MACD könnte DAX mittelfristig beflügeln

Seit der letzten richtigen Korrektur im Sommer 2011 läuft der Deutsche Aktienmarkt in einem stabilen Aufwärtskanal, dessen obere und untere Extrembereiche in den vergangenen Monaten und Jahren mehrfach bestätigt wurden. Während zum Jahreswechsel verstärkt die Oberseite im Fokus stand, führte die jüngste Konsolidierung zu widerholten Tests der unteren Aufwärtstrendlinie. Bisher nutzten die Käufer jeden Rücksetzer zum Einstieg, ein Kursverhalten, das wir auch im vergangenen Jahr mehrfach gesehen haben.

Die rund sechs Monate anhaltende Seitwärtsbewegung verlief somit noch innerhalb des intakten Aufwärtstrends. Mit den jüngst ausgebildeten frischen Rekordhochs scheint die Schiebezone in Trendrichtung nach oben hin aufgelöst zu werden. Dabei stellt die 10.000er-Schwelle nur eine unbedeutende Kursmarke dar. Mittelfristig lässt der Kanal durchaus Luft bis über 10.600.

Auf der Südseite ist der DAX gut abgesichert. Neben der erwähnten, zuletzt mehrfach bestätigten Aufwärtstrendlinie bei derzeit 9500 sorgen auch die 200-Tage-Linie bei 9260 und die breite horizontale Unterstützungszone um 8950 / 9000 für Sicherheit.

Positiv zu interpretieren ist auch der MACD. Nach der Konsolidierung baute der trendfolgende Indikator seinen leicht überhitzten Zustand ab und lieferte kürzlich ein Einstiegssignal.

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Monatsanalyse:

Zwei Szenarien für die Zukunft

Im abgebildeten Monatschart seit 1960 wird vor allem die Bedeutung des Kursbereichs um 8000 / 9000 deutlich. Nach dem Ausbruch aus einer rund 20 Jahre andauernden Seitwärtsbewegung im Jahr 1983 zeigte der DAX bis zur Jahrtausendwende eine ausgeprägte Rally-Bewegung. Mit dem Platzen der Spekulationsblase wurde diese Aufwärtsbewegung in den vergangenen 13 Jahren konsolidiert. In dieser Zeit bildete der Deutsche Aktienindex deutlich steigende Bewegungstiefpunkte aus, was auf einen allmählich steigenden Kaufdruck deutet. Der Sprung über die Hochpunkte aus dem Jahr 2000 und 2007 bei 8200 war somit nur eine Frage der Zeit. Der DAX löste ein sehr bullish aufsteigendes Dreieck nach oben hin auf, aus dem theoretisch Notierungen deutlich jenseits der 10.000er-Marke abgeleitet werden können.

Nach dem nun erfolgten Ausbruch sind zwei grundsätzliche Szenarien denkbar. Aufgrund der Bedeutung der Zone um 8200 wäre eine Rückkehrbewegung und somit ein Retest des Ausbruchsniveau nicht überraschend. Ein möglicher Wendepunkt könnte an der psychologisch wichtigen Schwelle von 10.000 liegen. Ausgehend von einem kurzen Test der fünfstelligen Kursmarke wäre mit einer Korrektur bis in den Bereich von 8200 / 8500 zu rechnen, von dem aus dann eine nachhaltige Aufwärtsbewegung erfolgen würde. Zugleich eröffnet sich Anlegern, die den Einstieg bisher verpassten, auf langfristige Sicht noch einmal eine gute Einstiegsgelegenheit.

In einem zweiten Szenario bleibt ein Test der Zone um 8200 von oben aus. Stattdessen läuft der Markt nach einer recht wahrscheinlichen Konsolidierung bei rund 10.000 weiter aufwärts. Neue Widerstände müssten sich erst noch herausbilden. Unwahrscheinlicher erscheint hingegen ein Rücksetzer unter das Ausbruchsniveau von 8200.

Auf Basis der Indikatoren wäre noch ein wenig Luft nach oben vorhanden. Beachten Sie vor allem den trendfolgenden MACD, der in den vergangenen 13 Jahren eigentlich recht zuverlässig die Wendepunkte beim DAX antizipierte. Allmählich erreicht der Signalgeber die Niveaus aus dem Jahr 2000 und 2007 (rote Linie).

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Posted in: Deutschland

About the Author:

Franz-Georg Wenner ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare und referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. Zusätzlich betreute er für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. Bereits seine Diplomarbeit im Fachbereich BWL der Uni Düsseldorf beschäftigte sich mit der Intermarket-Analyse.

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