By 22. November 2013 Read More →

Jedes gute Steak war einmal ein Bulle

Das „billige Geld“ mausert sich zunehmend zum Mantra der Haussiers, die vor lauter Trance immer kühnere Kursziele entwerfen. Daran ist ja auch nichts auszusetzen, solange der Sinn für die Risiken wach bleibt. Denn wenn die Wende kommt, wird es nur wenige „kluge Jungfrauen“ (Mt 25, 1-13) geben.

 

Mein erstes neu gekauftes Auto war ein Golf der ersten Generation. 1100 Kubikzentimeter, 50 PS. Dass sich mit so etwas tatsächlich fahren lässt, vermag sich heute kaum noch jemand vorzustellen. Aber man konnte. Erst einmal zumindest. Denn nach knapp 10.000 Kilometern meldete sich aus dem Motorraum ein erst leises, dann immer lauter werdendes, drehzahlabhängiges Klackern. Bis auf die wirklich wertvollsten Geschehnisse unseres Lebens ist nichts umsonst auf dieser Welt, auch Klackern nicht; der Golfmotor bezahlte es mit zunehmendem Leistungsabfall. Also ab in die Werkstatt meines Vertrauens, VW Geissler in meiner Heimatstadt Brühl nahe Köln.

Der Meister dort wurde rasch fündig. Nockenwelle. Also wurde eine neue eingebaut, auf Kulanz, versteht sich. Damit ich das Ganze nicht so schnell vergessen sollte, begann das Spiel von vorne. Kurzum, nach weiteren knapp 10.000 Kilometern wurde die nächste neue Nockenwelle eingesetzt. Diesmal nicht mehr auf Kulanz, da die (damals noch) einjährige Garantiezeit verstrichen war.

Einer zuweilen treffsicheren Volksweisheit folgend, sind aller guten Dinge drei. Obwohl das aber weder für dauerhafte Partnerschaften noch für Nockenwellen in Golf-Motoren gilt, beglückte mich das Fahrzeug alsbald erneut mit der bekannten Kakophonie des Untergangs. Eingedenk meiner Erfahrungen beließ ich es bei meinem nächsten Werkstattbesuch beim Kauf einer neuen Nockenwelle und einer Zylinderkopfdeckeldichtung und machte mich selbst an die Arbeit.

Um Sie nicht mit technischen Details zu langweilen, nur so viel: Zuerst einmal entfernte ich den Zylinderkopfdeckel  und startete den Motor. Obenliegende Nockenwellen (unten liegende auch) benötigen für einen im wahrsten Wortsinne reibungslosen Betrieb vor allem eines: Öl. Und damit wurde die Welle auch in meinem Golf -Motor versorgt. Und zwar über ein kleines, horizontales Röhrchen, durch dessen acht kleine Bohrungen die Nocken und die darunter liegenden Köpfe der Ein- und Auslassventile von oben mit Öl bespritzt wurden. Zumindest nach dem Willen der Konstrukteure.

Bei meinem Motor aber sprudelte das benötigte Schmiermittel nur aus sieben der Bohrungen, ein Nocken blieb trocken. Was sich zwar reimte, den Nocken aber ruinierte. Da hätte die Werkstatt also bis zum St. Nimmerleinstag neue Nockenwellen verbauen können, der Fehler wäre immer wieder aufgetreten! Also besorgte ich mir noch dieses Röhrchen, baute es nach der Montage der nunmehr dritten neuen Nockenwelle ein, achtete beim Wiederanbringen des die Nockenwelle treibenden Zahnriemens peinlich genau auf die Steuerzeiten, stellte das Spaltmaß zwischen Nocken und Ventilen ein, das bei den heißer werdenden Auslassventilen immer etwas größer sein muss als bei den Einlassventilen und schraubte das ganze Gelump wieder zusammen. Und Ruhe war im Karton. Und zwar ein für alle Mal.

Notenbanken, die den stotternden Wirtschaftsmotor mit immer neuem Schmiermittel versorgen und sich dennoch mit seinem zunehmenden Leistungsabfall konfrontiert sehen, sollten sich vielleicht auch einmal mit einem alten Golf-Motor beschäftigen. Der ist für vergleichsweise ganz wenig Geld auf jedem Schrottplatz zu haben. Und mit ihm lässt sich die zur Demut führende Erkenntnis gewinnen, dass nicht jeder, der sich Meister nennt, auch tatsächlich einer ist. Vor allem aber lässt sich lernen, dass weder neue Nockenwellen geschweige denn noch so viel neues Geld Probleme lösen, wenn das jeweilige Schmiermittel aus unerkannten Gründen einfach nicht dort ankommt, wo es benötigt wird.

Und immer, wenn das so ist, dann gehören die Ursachen geklärt. Ansonsten sind alle Reparaturversuche ebenso teuer wie unwirksam. Aber solange diejenigen, die die Probleme lösen sollten, allein schon ihre Titel als Garant sachkundigen Handelns betrachten, kann das viele Nockenwellen verschleißen. Oder eben auch Geld, das sich virtuell per Mausklick sehr leicht erschaffen lässt, ab da aber sehr reale neue Schulden bedeutet.

Wall Street: Warten auf den Ultimo

Und da ist er wieder, „unser“ Langfristchart des Dow Jones mit dem gewaltigen charttechnischen „Megaphon“. Ich bin der Meinung, dass man Themen dieses Kalibers auch bis zum Ende mitverfolgen und nicht  nur einmal kurz anreißen sollte. Bekommt man dann Recht, umso schöner. Wenn nicht, bricht es einem auch keinen Zacken aus der Krone, es sei denn man verbeißt sich zu sehr in ihnen.

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In zwei Wochen also werden wir wissen, ob der Dow Jones im auf Monatsbasis geführten Chart, also zum in der Bankensprache als „Ultimo“ bezeichneten Monatsletzten die obere Begrenzung des Megaphons erreicht oder nicht. So oder so:

Kurse machen, was sie wollen. Und nicht das, was wir annehmen oder gerne hätten. Und logisch oder zumindest vernünftig geht es am Markt ja nicht zu. Es kann also theoretisch auch sein, dass die Börse beim Erreichen des Widerstandes einfach nach oben durchmarschiert.

Andererseits hat es sich in der Vergangenheit stets bewährt, an derartigen Chartmarken eine besonders nahe Tuchfühlung zum Kursgeschehen zu halten und auf mögliche Frühsignale einer Trendwende zu achten. Und das dürfte diesmal erstens nicht anders und zweitens besonders erfolgversprechend sein. Bricht der Markt indes nach oben aus, ziehen Sie einfach Ihre Stopps nach. Oder halten Ihr Pulver weiter trocken.

DAX: Bin schon da!

Den Wettlauf zwischen Hase und Igel kennt vermutlich jeder von uns. Der Igel, obwohl mein Lieblingstier, spielte da nicht fair. DAX und Dow Jones sind ja nun nicht minder unterschiedlich. Der eine ist ein Performance-, der andere ein Kursindex. Dennoch hat sich die Anlegergemeinde stillschweigend darauf verständigt, so zu tun, als ob die beiden Indizes direkt miteinander vergleichbar wären.

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Im Kurs zumindest ist das ja auch tatsächlich so. Denn der (faktisch ja weit abgehängte) DAX folgt dem Dow Jones nach wie vor wie auf Schienen. Dass die Volkswirtschaften dies- und jenseits des Atlantiks dabei selten so weit auseinander lagen wie heute, unterstreicht das Irrwitzige dieser Parallelität, zumal ja „fundamental“ der DAX ja vor dem Dow liegen müsste statt andersherum.

Vor dem Hintergrund des nur noch sehr geringen Aufwärtsspielraums des Dow Jones bis zur oberen Begrenzung des charttechnischen „Megaphons“ (s. oben) sollten die Akteure daher heute auch im DAX besonders aufmerksam sein. Denn kommt es in den USA zu einer Abwärtskorrektur (über mehr wollen wir erst einmal gar nicht spekulieren), wird das sofort auch unseren heimischen Aktienindex betreffen.

Und um diesen Zeitpunkt auch zu realisieren, gibt es durchaus sinnvolle technische Hilfsmittel – wie etwa den im Chart rechts unter dem DAX abgebildeten Indikator.

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Zeigt dieser Indikator aus seiner nun schon ein Weilchen andauernden Seitwärtsbewegung heraus plötzlich den Beginn einer Abwärtszacke, sollten Sie wachsam sein.

Wie weit es dann abwärts gehen kann, liegt nicht in der Prognosekraft dieses Indikators und hängt irgendwo zwischen „maßgeblich“ und „ausschließlich“ an den Vorgaben der Wall Street. Erkennbar wird im Chart aber sehr schön, dass dieses Tool eine sehr gute Trefferquote hat und daher ab sofort in die Liste der Standardwerkzeuge aufgenommen wird.

Ihnen allen viel Erfolg!

Viel Erfolg und beste Grüße!

Axel Retz

About the Author:

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

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