By 15. April 2013 Read More →

Gold und Silber – Signale in trockenen Tüchern

Klar: Angesichts der neuen Allzeithochs von Dow Jones und S&P 500 sollten die Anleger vor Optimismus nur so überquellen und damit den psychologischen Grundstein für die nächste Baisse legen. Aber diesmal sieht es ganz, ganz anders aus.

 

Sechs Dinge sind mir in der abgelaufenen Woche ganz besonders aufgefallen. Zum einen die Webseite von Börse Online, die vom dem späten Montagnachmittag bis Freitag nicht mehr erreichbar war, da sich böse Buben wohl einen sonderbaren (und kriminellen) Spaß damit bereitet haben, die Seite zu „hacken“. Aber nun gut, dafür haben wir ja diesen „Newsletter“.

Bemerkenswert war auch eine Studie der ILO, der Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen. Die über 700 Delegierten plus Wasserkopf dort haben „herausgefunden“,dass in Europa die Wahrscheinlichkeit sozialer Unruhen zugenommen habe. Als Grund konnten sie die wachsende Arbeitslosigkeit ausmachen, die ihrerseits Ergebnis der „Reformen“ der EU-Sparpolitik sei.

Ja, da kann man nur noch staunen, was „Experten“ heutzutage alles an Selbstverständlichkeiten heraus bekommen, wenn man ihnen nur genügend Zeit und Geld dafür gibt. Die Borniertheit, diese „Erkenntnis“ dann auch noch präsentieren glauben zu müssen, ist geradezu erschreckend. Traurig, dass dafür Steuergelder versenkt werden. Noch trauriger, dass die beratungsresistente Politik selbst dadurch nicht wach geklingelt werden wird.

Die Bertelsmann-Stiftung (dem wohl mächtigstem Medien-Unternehmen Deutschlands ist dafür ein Dank angebracht) berechnete, dass auf jedes Kind unter 15 in Jahren Deutschland ein Anteil an den Staatsschulden in Höhe von 192.000 Euro entfällt, Tendenz (natürlich) steigend. Schwacher Trost: Die Japaner bringen es diesbezüglich bereits auf umgerechnet über 500.000 Euro. Und die Bank of Japan bemüht sich gerade nach Kräften, dass es zumindest bei dieser Zahl Wachstum gibt.

Zypern, es war zu erwarten, meldete einen höheren Kapitalbedarf an. Statt 17,5 Mrd. Euro nun 23 Mrd. Euro. Um über 31 Prozent haben sich Regierung und das gar strenge Auge der Troika also (erst einmal) verrechnet. Erst einmal. Denn es ist klar wie nichts sonst, dass Zyperns Wirtschaft nun in den freien Fall übergehen wird, was via dramatischer Rezession die Fähigkeit des Landes zur Bedienung seiner Schulden noch weiter in den Keller treten wird.

Das versteht fast jeder. Nur nicht unsere „Troika“, also EU, EZB und IWF, die wie die apokalyptischen Reiter durch Europa pflügen und aus den Spuren der hinterlassenen Verwüstung und des Misserfolgs folgern, ihre rezessionsfördernde Politik nun noch drastischer durchzusetzen.

Die Deutschen, es stand im Handelsblatt, lieben den Euro immer mehr. Und die Anzahl derer, die sich eine Rückkehr zum DM wünscht, ist 2012 gegenüber dem Vorjahr dramatisch gesunken. Eine schöne Meldung, die dann von den Lesern des Blattes in Grund um Boden kommentiert wurde und die Redaktion zu einem abwiegelnden Statement zwang. Ach, Financial Times Deutschland, frische Blumen auf Dein Grab!

Und schließlich: Hedgefonds-Legende George Soros sprach sich dafür aus, dass Deutschland entweder Euro-Bonds akzeptieren oder aus dem Euro austreten solle. Nun ja: Ersteres haben wir eigentlich längst, wenn auch unter anderem Namen. Wenn die von allen EU-Staaten (nicht nur von den Euro-Staaten) finanzierte EZB (Schrott-)Anleihen „Not leidender“ Euro-Länder ins Portefeuille nimmt, sind das faktisch Euro-Bonds. Ob EFSF, ESM oder Anleihekäufe durch die EZB, all das sind mehr oder minder gut getarnte Verstöße gegen die No Bailout-Klausel. Getoppt wird das nur noch durch den Umstand, dass die Gelder fast ausschließlich ja gar nicht zur „Rettung“ von überschuldeten Staaten, sondern zur Finanzierung versunkener Bankenbilanzen herausgereicht werden.

Soros‘ zweiter Vorschlag, Deutschlands Austritt aus dem Euro, würde vermutlich tatsächlich mittelfristig Ruhe in den Karton bringen. Der Euro würde gegen die dann gültige deutsche Währung massiv abwerten. Für deutsche Exporte wäre das natürlich von Übel, ließe sich aber von den Unternehmen über Hedging problemlos auffangen. Aktionäre sollten aber aufpassen:

Deutet sich unwahrscheinlicherweise an, dass die Bundesrepublik tatsächlich den Währungsverbund verlässt, ist das ein glasklares Verkaufssignal. Einmal natürlich für deutsche Anleger, die in Aktien engagiert sind, die den Euro behalten und dadurch über die Währungsanpassung massiv an Wert verlören. Aber auch für deutsche Aktien. Nicht nur wegen der zu erwartenden Nachteile für den Export, sondern auch, weil viele Anleger aus dem Euroraum vermutlich sofort die schönen Währungsgewinne mitnähmen. Bis jetzt sind Soros‘ Ideen, die er ja auch nicht zum ersten Mal vorbrachte, aber ohne Auswirkung auf den DAX geblieben. Sehen wir uns den Index einmal an.

 

DAX: Bullen weiter mit im Rennen

Der Bruch der Juni-Aufwärtstrendgeraden hatte ja bereits in der letzten Woche stattgefunden. Gleichzeitig damit drehte auch die Mehrzahl der klassischen Indikatoren auf die Verkaufsseite weg – allerdings „nur“ auf Tagesbasis.

Im Wochenchart hingegen ist der Chart derzeit noch bullish, wobei die Betonung auf „noch“ liegt. Denn wie Sie im Chart erkennen, hat der DAX mit seinem Dienstagstief eine Punktlandung auf der bei 7.600 Punkten verlaufenden Unterstützung vollzogen, während der für meinen „Kapitalschutz-Brief“ entwickelte Trendindikator immer noch hauchdünn auf der Kaufseite notiert. Ein Rückgang unter das 7.600er Level würde hier also zu einem neuen Verkaufssignal führen. MDAX und TecDAX stehen derzeit nach diesem Indikator noch klarer auf der Bullenseite. Womit sich die Frage stellt, wie es nun weiter geht. Der dafür wichtigste Taktgeber ist und bleibt die Wall Street. Denn solange dort kein Dreh nach unten erfolgt, werden die Bären hierzulande vielleicht eine Schlacht, nicht aber den Krieg gewinnen können.

 

Wall Street: Sentiment-Exzess 

Und gerade weil die Wall Street für den deutschen Aktienmarkt der wichtigste Taktgeber ist, dürfte Sie der nächste Chart ins Grübeln bringen.

Was Sie sehen, ist der Sentiment-Index der „American Institution of Individual Investors“, kurz AAII. Der abgebildete Chart stammt von www.decisionpoint.com. Und er zeigt wahrhaft Erstaunliches: 19,3 Prozent der befragten Anleger waren für die nächsten sechs Monate bullish gestimmt, 54,4 Prozent bearish und 26,2 Prozent neutral. Das ist das absolute Gegenteil dessen, was man für einen Bullenmarkt erwarten sollte, dessen wichtigste Indizes gerade ein neues Allzeithoch aufstellen konnten.

Mehr noch: Mit einer Bull/Bear-Ratio von 0,35 ist die Stimmung derzeit so schlecht wie seit dem Aktienmarkttief vom Frühjahr 2009 nicht mehr. Vorausgesetzt, bei AAII hat sich niemand bei der Eingabe der Zahlen vertippt, sind diese Zahlen natürlich extrem bullish zu interpretieren, da da Sentimentindikatoren bekanntermaßen „Kontra-Indikatoren“ sind. Was natürlich nicht aus den Augen verloren werden darf, sind andere Stimmungsbarometer wie beispielsweise der VIX. Und der lässt momentan nun gar nichts von Pessimismus erkennen.

 

Edelmetalle: Signale in trockenen Tüchern

In den vergangenen Wochen hatten wir uns wiederholt mit der sich zuspitzenden charttechnischen Situation der Edelmetalle beschäftigt. Und nun sind sie da, die neuen Verkaufssignale! Gold vollzog am Freitag einen an Ausbruch aus seinem charttechnischen Rechteck, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen ließ. Charttechnisch betrachtet, stellt sich das sgn. rechnerische Kursziel für den Unzenpreis nun auf rund 1.300 US-Dollar.

Da der Goldpreis gleichzeitig mit dem Verkaufssignal vom Freitag auch auf Eurobasis auf den tiefsten Stand seit August letzten Jahres zurückfiel, haben wir es hier zweifellos auch nicht mit einem nur währungsbedingt entstandenen Verkaufssignal zu tun, sondern mit etwas Größerem. Unterstrichen wird diese Einschätzung auch durch die Entwicklung des Silberpreises, der auf den tiefsten Wochenschlusskurs seit November 2010 nachgab.

Zwar lässt sich bei Silber kein dermaßen perfektes charttechnisches „Rechteck“ wie bei Gold aufspüren, die nächste erwähnenswerte Unterstützung liegt aber auch hier mit knapp 20 US-Dollar weit genug entfernt, um einen viel versprechenden Trade zu rechtfertigen. Natürlich kann es bei beiden Edelmetallen jetzt kurzfristig zum gewohnten „technischen Pullback“ an die durchbrochenen Unterstützungen kommen, die Abwärtssignale sehen allerdings recht solide aus. Und bestätigt werden sie auch durch deutlich nachgebende Notierungen vieler Industriemetalle und des Ölpreises.

Der Rohstoffmarkt preist zweifellos derzeit ein ganz anderes Szenario ein als die haussierende Wall Street. Wem Rohstoffspekulationen selbst zu heiß oder auch zu undurchsichtig sind (beides ist nicht so), der sollte sich einmal die Charts von Alcoa, Anglo American oder auch Rio Tinto ansehen. Und wenn Sie gerade dabei sind, auch einmal wieder den Chart von Apple, denn fällt diese Aktie unter 420 US-Dollar zurück, bietet sich hier die Chance für einen ideal eng abstoppbaren Short-Trade.

 

Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

www.private-profits.de

 

 

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

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Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

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