Gold – fällt am Freitag die Vorentscheidung?

Institutionelle Investoren wie Hedgefonds und Investmentgesellschaften haben bei Gold bereits vor Monaten die Reißleine gezogen und ihr Kapital in lukrativere Segmente umgeschichtet. Auch charttechnisch ist das Korrekturpotenzial noch nicht ausgeschöpft? Wie sollte man in Gold investieren?

 

 

Knackt Gold die psychlogisch wichtige Marke von 1400 Dollar oder nicht? Am Montag profitierte das gelbe Edelmetall deutlich von schwächeren US-Konjunkturdaten. So rutschte der viel beachtete ISM-Index unter die Expansionsschwelle von 50 Punkten und dämpfte die Sorgen vor einer baldigen Zurückführung des Anleihekaufprogramms der US-Notenbank. Heute zeigt sich Gold hingegen wieder etwas schwächer und gibt einen Großteil der jüngsten Gewinne ab. Kurzfristig ist mit einer Fortsetzung der volatilen Entwicklung zu rechnen, denn die laufende Woche ist gespickt mit zahlreichen wichtigen Wirtschaftsdaten aus den USA. Heute steht der ISM-Index für den Dienstleistungsbereich auf der Agenda, am Freitag folgt der richtungsweise Arbeitsmarktbericht. Die wegen der Relevanz für die weitere Fed-Politik hochsensiblen Beschäftigungszahlen werden nicht nur den Aktienmarkt sondern auch an den Devisen- und Rohstoffmärkten für Dynamik sorgen. Überzeugende Konjunkturdaten blieben zuletzt eher aus, so dass die Erwartungen gering sind. Volkswirte rechnen nach dem Anstieg auf 165 Tsd. neu geschaffene Stellen im Mai mit einem unveränderten Wert.

 

Aktienmarktrally als Dämpfer

Mindestens ebenso wichtig für den weiteren Kursverlauf bei Gold sind die Entwicklung des US-Dollar sowie die Abflüsse aus den Gold-ETFs. Zuletzt ließen Spekulationen auf geringere Anleihekäufe durch die Fed, die Zinssenkung der EZB sowie die aggressive geldpolitische Lockerung in Japan den Dollar-Index auf den höchsten Stand seit Mitte 2010 steigen. Dies belastete Gold ebenso wie die seit Monaten zu beobachtenden kräftigen Abflüsse in den Gold-ETFs.  Seit Anfang April belaufen sich diese auf rund 300 Tonnen. Vor allem Institutionelle Investoren wie Hedgefonds und Investmentgesellschaften  schichteten offenbar ihr Vermögen um und verkauften große Anteile am weltgrößten Gold-ETF, den SPDR Gold Trust. Allein seit Jahresbeginn sind dessen Bestände um rund 340 Tonnen auf ein vier-Jahrestief gefallen. Steigende Aktienkurse  und eine nachlassende Risikowahrnehmung sind der Auslöser. Solange die Dividendenwerte weiter haussieren, erscheint eine mittelfristige Erholung des Goldpreises eher unwahrscheinlich. Analysten der Commerzbank schätzen, dass die ETF-Bestände nochmals um rund 200 bis 300 Tonnen sinken müssten, bis ein Großteil der eher kurzfristig orientierten Gold-Anleger nicht mehr dabei ist und der Markt wieder von Langfristanlegern bestimmt wird. Denn die  physische Gold-Nachfrage zeigt sich weiterhin sehr robust. Nach Angaben der Istanbuler Goldbörse importierte die Türkei im Mai 43,5 Tonnen Gold. Diese lagen somit nur geringfügig unter dem April-Niveau, der zugleich das höchste Import-Volumen seit August 2008 darstellt.

Korrekturpotenzial noch nicht ausgeschöpft

Aus Sicht der Charttechnik kann derzeit noch keine Entwarnung gegeben werden. Im übergeordnet langfristigen Wochenchart zeigt die aktuelle Korrektur einige Parallelen mit der Entwicklung in 2008. Vor rund fünf Jahren scheiterte Gold zunächst an der wichtigen 1000er-Marke und korrigierte um rund 32 Prozent. Mitte 2011 fehlten dem Edelmetall rund 80 Dollar bis 2000 Dollar. Sollte sich die Geschichte wiederholen und Gold ähnlich stark verlieren, wäre das Korrekturpotenzial erst bei rund 1290 Dollar ausgeschöpft. Auf diese Zielmarke deutet auch die Höhe der großen Rechteckformation, seit Ende 2011 ausgebildet und mit dem Crash Anfang April nach unten hin verlassen wurde.

Tradesignal Online. Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten.

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Im kurzfristigeren Zeithorizont könnte sich weiterhin ein Doppel-Boden ausbilden. Der kräftige Anstieg beim Handelsvolumen während der jüngsten Rücksetzer auf 1350 Dollar spricht für dieses Szenario. Allerdings verläuft die Erholung seit dem zweiten Test Ende Mai sehr schleppend. Das Mindestziel, um die bullische Trendwendeformation abzuschließen, liegt am letzten Bewegungshoch bei 1480 Dollar. Erst wenn Gold diese Hürde zurückerobert, steigen die Chancen auf eine Rückkehr in die alte Range bis 1650 Dollar deutlich an.

 

Aufgepasst bei ETCs

 

Langfristig bleibt die Gold-Story weiterhin intakt. Eine Möglichkeit, die Korrektur von bisher rund 27 Prozent seit dem Rekordhoch zu nutzen ist die physische Anlage in Form von Münzen, Schmuck und Barren. Bereits kurz nach dem Crash im April nutzten viele Gold-Fans den Rücksetzer zum Einstieg oder Positionsaufbau. Wer auf der Invest in Stuttgart den Stand von Degussa besuchte, sah eine lange Schlange vor dem Verkaufsschalter. Ein ähnliches Feedback geben auch Münzhändler. In Australien musste die Prägeanstalt Perth Mint sogar Wochenendschichten einlegen, um der Nachfrage gerecht zu werden. Kürzlich stieg das Interesse auf das höchste Niveau seit fünf Jahren.

Eine gute Alternative bieten börsengehandelte Wertpapiere wie Exchange-Traded Commodities (ETC) oder Derivate auf Gold – je nach Risikoempfinden mit oder ohne Hebel. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, greift zu den ETCs, da es sich um Schuldverschreibungen handelt. Der Vorteil: Die Emittenten hinterlegen Gold, das auf Wunsch auch ausgeliefert werden kann. Anleger in Deutschland haben mit den beiden ETCs Xetra-Gold (WKN: A0S9GB) oder Euwax-Gold (WKN: EWG0LD) die Qual der Wahl. Bei Xetra-Gold berechnet die Emittentin Deutsche Börse eine jährliche Verwaltungsgebühr von 0,36 Prozent, während Euwax-Gold der Börse Stuttgart gebührenfrei ist. Zudem fallen bei Xetra-Gold Gebühren an, wenn eine physische Auslieferung gewünscht wird. Fazit:  Wer längerfristig investieren möchte, steigt bei Euwax-Gold ein. Sparfüchse, die eher im kurzfristigen Bereich agieren, greifen eher zu Xetra-Gold, da hier der Spread mit 0,1 Prozent im Vergleich zu aktuell 0,7 Prozent geringer ist.

 

Hebel für Mutige

Etwas sportlicher sind Gold-Engagements mit Hebelpapieren. Passend zur charttechnischen Situation bieten sich Capped-Calls an. Noch 108 Tage und somit bis Mitte September läuft ein Schein mit der WKN BP55W1 und  einem Basispreis bei 1200 Dollar. Steht der Goldpreis zur Bewertung über  dem Cap von 1300 Dollar, erzielen Anleger aktuell 11,6 Prozent absolut oder 37 Prozent per anno. Die Maximalauszahlung wird somit auch dann  noch erreicht, wenn Gold um rund 100 Dollar oder sieben Prozent fallen sollte. Wer kurzfristig auf stärker fallende Goldpreise setzen will,  sollte besser Knock-out-Bear-Papiere wählen, wie etwa die WKN CF19MY.  Der Hebel liegt hier ambitioniert bei 24, daher ist die Knock-out-Schwelle mit 1455 USD nicht weit. Die Laufzeit endet im  Dezember 2013. Optimisten, die längerfristig in das Edelmetall  investieren wollen, können das unbegrenzt laufende Knock-out-Bull-Papier  mit der WKN CZ6X7V erwerben. Der Hebel ist daher moderater und liegt  bei rund elf.

About the Author:

Franz-Georg Wenner ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare und referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. Zusätzlich betreute er für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. Bereits seine Diplomarbeit im Fachbereich BWL der Uni Düsseldorf beschäftigte sich mit der Intermarket-Analyse.

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