By 24. April 2014 Read More →

Facebook, Apple, Tesla – Warnsignale bleiben bestehen

Mario Draghi hat es einmal wieder richtig krachen lassen. Verbal zumindest. Ein klareres Eingestehen des bisherigen Misserfolgs der EZB kann es kaum geben. Und das dürfte bald Folgen für den Euro haben. An den Aktienbörsen hingegen herrscht gespannte Ruhe – keine Entwarnung. 

Rund 20.000 sgn. Lobbyisten der Wirtschaft gibt es in Brüssel. Offiziell. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher liegen. Natürlich arbeiten sie alle im Interesse der legitimen Meinungsbildung der EU-Beamteria. Bestechungsgelder, Erpressungen oder sonst etwas in diese Richtung hat es nie gegeben.

Gut, dass man das weiß. Ansonsten könnte man auf die Idee kommen, dass die unter der Flagge des Klimaschutzes segelnde Regulierungswut der EU (erst die Quecksilber-Funzeln, zuletzt bei Staubsaugern und Kaffeemaschinen, bald auch bei anderen Küchengeräten) irgendetwas mit dem Absatz neuer Geräte zu tun haben könnte und rein gar nichts mit Klimaschutz. Aber da Lobbyisten vermutlich so etwas wie

Klimaschutzabgesandte ihrer Auftraggeber sind, können wir das ausschließen. Und wo wir gerade dabei sind, können wir auch ausschließen, dass besagte Lobbyisten bei den Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) zugegen sind. Auf meine konkrete Anfrage hin hat mir das auch das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt.

Dass Konzerne Staaten künftig verklagen können sollen, wenn deren Umwelt- oder Sozialgesetze ihre Gewinne schmälern, kann ebenfalls unmöglich etwas mit der Arbeit der Lobbyisten zu tun haben. Und dass z. B. Deutschland US-Unternehmen, deren durchs Chlorbad gegangene Hähnchen hier nicht gewollt werden, für das nicht abgenommene Geflügel entschädigen muss, erscheint pfiffig.

Der Staat wird sich die dann fällig werdenden Strafzahlungen an die US-Unternehmen von Ihnen vielleicht durch eine Chlorhähnchen-Nichtabnahme-Steuer (ChNSt.) zurückholen, deren Höhe davon abhängen wird, wie viele Chlorhähnchen Sie im Jahr zu verweigern gedenken. Aber Vorsicht: Sollte bei einer stichprobenartigen Überprüfung der Behörden herauskommen, dass Sie im abgelaufenen Jahr erheblich mehr Chlorhähnchen nicht gekauft hätten als zuvor angemeldet, wird eine saftige Nachzahlung fällig.

Die Idee an sich hat aber durchaus auch Charme. Denn sie schlägt ein völlig neues Kapitel der Ökonomie auf: Bezahlen für den Nichtkauf! Das eröffnet völlig neue Geschäftsfelder. Produzieren Sie einfach etwas dermaßen Widerliches oder Abscheuliches, dass Sie sich völlig sicher sein können, absolut keinen Käufer zu finden und damit gegen alle Umweltschutzgesetze jedes Landes auf diesem Globus zu verstoßen. Danach verklagen Sie alle diese Staaten auf Schadenersatz für den entgangenen Gewinn. Vermutlich werden Sie das eingehende Geld nicht einmal versteuern müssen, da es sich ja nicht um Gewinne aus einem operativen Geschäft handelt.

Abschließend zu diesem etwas unappetitlichen Thema (und ganz ernst gemeint): Natürlich gab und gibt es wiederholte Vorstöße von Verbraucherschützern gegen die Lobbyistenplage in Brüssel. Bisher waren sie erfolglos. Warum? Weil die Regierungen der EU-Mitgliedsländer befürchten, ein Lobbyisten-Verbot in der EU könnte sofort auch Begehrlichkeiten auf eine ähnliche nationale Regelung wecken. Darüber können Sie ja über die Feiertage einmal nachdenken …

Grüße aus alten Zeiten

Nach Friedrich Schiller gehört es zu den Merkmalen des tragischen Helden, dass er intelligent genug ist, um aus seinen Fehlern zu lernen. Der EZB-Chef dürfte sich daher vermutlich nicht als draghischer Held bezeichnen. Denn erst heute hat er seine Pläne zur Bekämpfung der Deflation konkretisiert:

Sollten Anleihekäufe in Höhe von einer Billion Euro nicht ausreichen, werde man halt die nächste Billion ins Feuer stellen. Bedenkt man, wie erfolglos die Geldpolitik der EZB bis jetzt bei der Ankurbelung des Wirtschaftswachstums war, mutet es schon etwas bizarr an, dass dieser Kurs nicht etwa überdacht, sondern nur noch exponetiell verschärft werden soll. Nicht minder bizarr ist, dass die Börsen das offenkundige Eingeständnis der Wirkungslosigkeit der ultralockeren Geldpolitik auch noch feiern, obwohl die EZB sich mit dem Ankauf von Staatsanleihen eindeutig außerhalb ihres Mandats bewegt. Aber „Not kennt kein Gebot.“ triumphiert bei Mario Draghi eindeutig ber „Not macht erfinderisch.“ Ergebnis: Es wird wieder ordentlich gezockt.

So ganz neu ist das übrigens nicht einmal. Auf www.crosscurrents.net finden Sie einen Chart, der die durchschnittliche Haltedauer von Aktien in Monaten abbildet. Der Chart gilt zwar für die Wall Street, eine vergleichbare Entwicklung dürfte jedoch auch hierzulande feststellbar sein. Nicht gerade sehr beruhigend mutet an dieser Abbildung an, dass eine ähnliche kurze Haltedauer von Aktien zuletzt vor der großen Weltwirtschaftskrise zu Beginn des letzten Jahrhunderts zu beobachten war.

Das immer wieder gerne auf den Tisch gebrachte Argument, dass die lockere Geldpolitik der Notenbanken das „Vertrauen der Investoren“ gestärkt habe, wird durch diese Grafik ganz eindeutig widerlegt. Die Anzahl der Investoren am Markt ist verschwindend gering geworden – die Börse ist wieder einmal Casino pur.

Wall Street: Noch im Bullenmodus

In den beiden vergangenen Wochen hatte ich Sie auf den erst entstehenden und dann vollzogenen Trendbruch beim NASDAQ 100 hingewiesen, der wir als erstes Warnsignal einer möglicherweise größeren Trendwende an der Wall Street im Auge behalten sollten.

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Am charttechnischen Bild hat sich in der abgelaufenen Woche nichts geändert, wie Sie sehen. Positiv zu bewerten ist aber, dass der Momentum-Indikator bis jetzt noch nicht unter 100 abgetaucht ist. Denn das wäre eine weitere Bestätigung der neuen Abwärtsperspektive gewesen.

Wie in den Vorwochen, bleibt es bis jetzt also nur bei einem einzigen Warnsignal. Denn S&P 500 (s. Abbildung) und Dow Jones haben ihre in der Vorwoche durchaus kritisch zu nennende charttechnische Situation zuletzt wieder etwas entschärfen können.

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Auffällig bleibt einzig die deutliche negative Divergenz des Momentums bei beiden Indizes. Das deutet darauf hin, dass dem Markt ein wenig die Puste auszugehen scheint. Einen aktuellen Chart zur Nachfrage nach Börsenkrediten kann ich Ihnen in dieser Woche leider nicht zeigen. Gestern war Feiertag auch in den USA. Und da der Indikator immer Freitags veröffentlicht wird und es eine Menge Leute gibt, die Dienst nach Vorschrift für eine tolle Idee halten und nicht im Traum daran denken, ihre Arbeit dann vielleicht einmal um einen Tag vorzuziehen, gibt es in dieser Woche leider keine s ja jemanden vor dem Burnout bewahrt.

AfD: Bald alles durch

Zum Lager der Euroskeptiker wird die AfD bei den Europawahlen ihr Scherflein beitragen. Aus Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien, Griechenland, Zypern etc. aber werden wohl ganz andere Quoten in die Urnen kommen. Und damit sind wir beim Euro. Ich hatte Sie in den letzten Wochen ja bereits davor gewarnt, den charttechnischen Ausbruch von EUR/USD nach oben mit einer Callposition zu beantworten. Nun geht es an die Vorbereitung eines Einstiegs auf der Gegenseite!

EUR/USD: Put-Argumente nehmen zu

Machen wir es kurz: Die Krise um die Ukraine ist nach dem „Erfolg“ der Genfer Verhandlungen unverändert völlig offen. Russland verstärkt seine Truppen, die USA entsenden Bodentruppen nach Polen.

Dem Rubel wird das gegen den Euro wehtun, dem Euro gegen den US-Dollar aber auch. Und: Federal Reserve und EZB steuern einen gegensätzlichen Kurs: Die FED ist dabei, aus dem Anleihekaufprogramm auszusteigen, die EZB drauf und dran, das ihrige massiv auszuweiten. Folge: Die Zinsschere dürfte sich zugungsten des US-Dollars öffnen, was ebenfalls Druck auf den Euro bedeuten dürfte.

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Und schließlich: Die Europawahlen. Es dürfte so gut wie sicher sein, dass es nicht nur von der Südflanke Europas her einen sehr starken Zustrom in die Euro-/Europa-kritischen Parteien geben wird. Brüssel lässt ja auch bis zuletzt keine Chance aus, seinen Gegnern Argumente zu liefern. Werden die Euro-Kritiker im Europaparlament zweistellig, wird auch das dem Euro nicht gut bekommen. Aktuell läge die Einstiegsschwelle in einen EUR/USD-Put noch bei 1,34, aber diese Schwelle verschiebt sich mit jeder Woche ein Stückchen weiter nach oben. Im Rahmen des an der Börse überhaupt „Sicheren“ bin ich mir sicher, dass wir bei EUR/USD bald die Putkarte auf dem Ärmel ziehen können.

Weiter unter meiner strikten Beobachtung aber auch GBP/USD. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten!

ZUSAMMENFASSUNG

Die vom NASDAQ 100 ausgehenden Warnsignale für die Wall Street (und damit auch für den DAX) bestehen unverändert fort, wurden bis jetzt aber weder vom Momentum-Indikator noch von Dow Jones oder S&P 500 bestätigt. Zweifellos erscheint es aber unbedingt anzuraten, alle bestehenden Long-Positionen durch Stopps unterhalb der jüngst erreichten Korrekturtiefs abzusichern.

Im Währungsbereich dürfte sich jetzt EUR/USD bald wieder in den Vordergrund schieben. Von fundamentaler Seite gibt es drei stichhaltige Argumente gegen den Euro, von charttechnischer Seite her sollte der Kurs engmaschig überprüft werden. Denn kommt es zu einem Verkaufssignal, wird es nicht nur um ein paar Cent Abwärtsspielraum gehen.

Ihnen allen viel Erfolg an der Börse!

Axel Retz

About the Author:

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

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