Espirito Santo, DAX und FTSE Mib – nur ein Strohfeuer?

Kursgewinne von mehr als drei Prozent bei einem Leitindex sind schon eine starke Ansage der Käufer. Doch die kräftige Erholung in der Euro-Peripherie sowie beim DAX sollte nicht zu euphorisch bewertet werden. Noch kann keine Entwarnung gegeben werden.

Wen interessieren eigentlich noch die zahlreichen Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine? Während sich die Lage in vielen Regionen zuspitzt, scheint man auf dem Parkett eher tiefenentspannt zu sein. Nicht nur die Aktienmärkte starten durch, auch die Vola fällt wieder zurück. Wie lange dies in der Form noch anhalten wird, ist aber sehr fraglich. Jederzeit muss mit einer erneuten Korrektur gerechnet werden. Denn offenbar strömt nur sehr kurzfristiges Kapital in den Markt. Dazu reicht bereits ein Blick auf die weiterhin schwachen Umsätze. Am Mittwoch wechselten auf Xetra Aktien im Wert von 2,6 Mrd. Euro den Besitzer. Inzwischen ist der 3-Monatsdurchschnitt auf 2,9 Mrd. Euro gesunken, Tendenz weiter fallend. Gespielt wurde vor allem an den Euro Peripherie-Märkten. Auch wenn eine Pleite von Espirito Santo wohl kaum noch überraschen würde, legte die Aktie um rund 20 Prozent zu. Ein heißer Zock mit einer Bankaktie, mehr nicht. Der FTSE Mib schoss um 3,2 Prozent nach oben, gefolgt vom PSI 20 (3,1 Prozent) und dem Ibex in Madrid.

Doch nicht nur wegen der Performance lohnt derzeit ein genauerer Blick auf die Indizes. Auch Bewertungskennzahlen liefern immer wieder erstaunliche Ergebnisse. Geringes KGV, hohe Dividendenrendite – wenn Aktionäre einen Wunsch frei hätten, dann wäre wohl diese Kombination weit oben zu finden. Doch nach der Rally der vergangenen Jahre muss man inzwischen schon sehr gründlich suchen, um noch attraktive Märkte zu finden. An der Wall Street werden Anleger inzwischen nicht mehr fündig. Für den S&P 500 wird ein KGV aus Basis der vergangenen Gewinne von 19 aufgerufen bei einer mageren Dividendenrendite von 1,9 Prozent. Unter den größeren Märkten weisen nur Mexiko, Japan, Indien und Südkorea eine niedrigere Verzinsung auf. Auch der DAX buhlt mit einem KGV von 18 und einer Verzinsung von 2,7 Prozent nicht gerade mit attraktiven Relationen. Einen guten Mix bietet hingegen Hong Kong, wie eine Auswertung von Bespokeinvest zeigt. KGV 10,9 und 3,9 Prozent Dividendenrendite sind gute Argumente. Wer eine höhere Ausschüttung kassieren möchte, sollte die Börsen in Australien, Brasilien, Großbritannien oder Spanien beachten, hier liegt die Rendite zwischen 4,3 bis 4,7 Prozent bei KGVs zwischen 17 (Brasilien) bis 23 (Spanien).

Stunden- und Tagesanalyse:

Tradesignal Online. Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten.

Auch wenn unter dem Strich weder Käufer noch Verkäufer neue Kursregionen erobern können, zeigte der gestrige Handelstag, dass durchaus auch größere Bewegungen in den kommenden Wochen zu erwarten sind. Um 1,44 Prozent rückte der deutsche Aktienmarkt am Mittwoch vor, zugleich der kräftigste Anstieg seit dem 29. April. Aus technischer Sicht ist nun entscheidend, dass der Markt über Anschlusskäufe weiter anzieht.

Bereits im gestrigen Tageshoch wurde eine richtungsweisende Markt getestet, die wesentlich über die weitere Entwicklung im kurzfristigen Bereich entscheiden wird. Gemeint ist der Kursbereich um 9870, wo neben der fallenden 21-Tage-Linie das 61,8 Prozent Fibonacci-Niveau verläuft. Erfahrungsgemäß ist eine Korrektur als beendet anzusehen, wenn der Markt mehr als 62 Prozent der vorherigen Verluste wieder aufgeholt  hat. Spätestens bei einer Rückeroberung der 9900 springt die kurzfristige Börsenampel auf Grün und würde somit auch die Tendenz auf der mittel- und langfristige Zeitebene bestätigen. Darüber lockt dann erneut die Region um das Rekordhoch bei 10.050.

 Solange der DAX unter 9870 handelt, besteht die Gefahr einer Bärenmarktrally. Kurzzeitige Rücksetzer bis 9820 oder 9790 wären noch akzeptabel, darunter übernehmen dann zunehmend wieder die Verkäufer die Regie. Ein letzter Halt liegt noch bei 9710, spätestens hier muss aber eine Gegenbewegung einsetzen. Darunter wäre ein Rücklauf an die 9600 bzw. sogar bis an die Unterkante des Aufwärtskanals bei rund 9520 zu erwarten.

Tradesignal Online. Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten.

Wochenanalyse:

MACD mit gefährlicher Divergenz

Mittel- bis langfristig betrachtet ist die Rally trotz der seit gut sieben Monaten laufenden Konsolidierung weiterhin als intakt zu bezeichnen. Richtungsweisend ist ein seit Sommer 2012 bestehender Aufwärtskanal, dessen Extremzonen mehrfach bestätigt wurden und somit über eine gewisse Relevanz verfügen. Während zum Jahreswechsel verstärkt die Oberseite im Fokus stand, führte die jüngste Konsolidierung zu widerholten Tests der unteren Aufwärtstrendlinie. Bisher nutzten die Käufer jeden Rücksetzer zum Einstieg, ein Kursverhalten, das wir auch im vergangenen Jahr mehrfach gesehen haben. Lediglich die Tatsache, dass der DAX bereits länger nicht mehr die obere Trendlinie angelaufen hat, kann als Schwächesignal ausgelegt werden.

Aus technischer Sicht stellt die 10.000er-Schwelle nur eine unbedeutende Kursmarke dar. Inzwischen scheint der psychologische Effekt aber den DAX zumindest zu einer Atempause zu zwingen. Potenzial auf der Oberseite wäre durchaus noch vorhanden, mittelfristig lässt der Kanal Platz bis 10.850.

Auf der Südseite ist der DAX gut abgesichert. Neben der erwähnten, zuletzt mehrfach bestätigten Aufwärtstrendlinie bei derzeit rund 9510 sorgen auch die 200-Tage-Linie bei 9400 und die breite horizontale Unterstützungszone um 8900 / 9000 für Sicherheit. Eine größere Umkehrformation und somit Schwächesignal in der mittel- bis langfristigen Zeitebene wird erst mit Kursen von unter 8900 aktiviert.

Warnsignal kommen von der Markttechnik. Der DSS Bressert ist in seine obere Extremzone vorgestoßen und kippt allmählich in den neutralen Bereich. Der MACD bildete sogar gegenüber seinem Hochpunkt zum Jahreswechsel eine tiefere Umkehr aus, obwohl der DAX neue Hochs erreichte. Diese negative Divergenz muss genau verfolgt werden und könnte ein Hinweis auf eine größere Korrekturbewegung sein.

Tradesignal Online. Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten.

Monatsanalyse:

Zwei Szenarien für die Zukunft

Im abgebildeten Monatschart seit 1960 wird vor allem die Bedeutung des Kursbereichs um 8000 / 9000 deutlich. Nach dem Ausbruch aus einer rund 20 Jahre andauernden Seitwärtsbewegung im Jahr 1983 zeigte der DAX bis zur Jahrtausendwende eine ausgeprägte Rally-Bewegung. Mit dem Platzen der Spekulationsblase wurde diese Aufwärtsbewegung in den vergangenen 13 Jahren konsolidiert. In dieser Zeit bildete der Deutsche Aktienindex deutlich steigende Bewegungstiefpunkte aus, was auf einen allmählich steigenden Kaufdruck deutet. Der Sprung über die Hochpunkte aus dem Jahr 2000 und 2007 bei 8200 war somit nur eine Frage der Zeit. Der DAX löste ein sehr bullish aufsteigendes Dreieck nach oben hin auf, aus dem theoretisch Notierungen deutlich jenseits der 10.000er-Marke abgeleitet werden können.

Nach dem nun erfolgten Ausbruch sind zwei grundsätzliche Szenarien denkbar. Aufgrund der Bedeutung der Zone um 8200 wäre eine Rückkehrbewegung und somit ein Retest des Ausbruchsniveau nicht überraschend. Ein möglicher Wendepunkt könnte an der psychologisch wichtigen Schwelle von 10.000 liegen. Ausgehend von einem kurzen Test der fünfstelligen Kursmarke wäre mit einer Korrektur bis in den Bereich von 8200 / 8500 zu rechnen, von dem aus dann eine nachhaltige Aufwärtsbewegung erfolgen würde. Zugleich eröffnet sich Anlegern, die den Einstieg bisher verpassten, auf langfristige Sicht noch einmal eine gute Einstiegsgelegenheit.

In einem zweiten Szenario bleibt ein Test der Zone um 8200 von oben aus. Stattdessen läuft der Markt nach einer recht wahrscheinlichen Konsolidierung bei rund 10.000 weiter aufwärts. Neue Widerstände müssten sich erst noch herausbilden. Unwahrscheinlicher erscheint hingegen ein Rücksetzer unter das Ausbruchsniveau von 8200.

Auf Basis der Indikatoren wäre noch ein wenig Luft nach oben vorhanden. Beachten Sie vor allem den trendfolgenden MACD, der in den vergangenen 13 Jahren eigentlich recht zuverlässig die Wendepunkte beim DAX antizipierte. Allmählich erreicht der Signalgeber die Niveaus aus dem Jahr 2000 und 2007 (rote Linie).

Tradesignal Online. Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten.

Posted in: Deutschland

About the Author:

Franz-Georg Wenner ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare und referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. Zusätzlich betreute er für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. Bereits seine Diplomarbeit im Fachbereich BWL der Uni Düsseldorf beschäftigte sich mit der Intermarket-Analyse.

Comments are closed.

Werbung
Werbung banner ad
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch die weitere Nutzung der Seite www.chartanalysen-online.de stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.