By 8. Oktober 2013 Read More →

DAX und Dow locker abgehängt

„Avanti Dilettanti“ in Italien ist gescheitert, weil sich zuletzt dann doch die Vernunft Bahn brach. In den USA ist die Sachlage ein wenig komplizierter. Aber streben die Republikaner keinen politischen Selbstmord an, wird „das Problem“ bald gelöst sein! 

 

Mir ist die deutsche Sprache ein Quell der Freude. Und ich bedauere es sehr, dass diese Freude von immer weniger Zeitgenossen nachempfunden werden zu können scheint. Andererseits fördern immer mehr Mitmenschen diesen Spaßfaktor noch, indem sie mit unfreiwilligen Wortschöpfungen wirklich grandiose Highlights setzen. In einem Bayreuther Restaurant der optisch, aber nicht kulinarisch gehobeneren Art beispielsweise stieß ich ausgerechnet am Tag der Deutschen Einheit im Menüaushang auf „Schweineländchen“. So etwas muss ich dann einfach fotografieren. Das Schweineländchen gesellt sich nun in der Rubrik Essbares meiner Sammlung zur „gefühlten Paprika“ und den „Halbblut-Orangen“.

Solange das Gemeinte klar ist, empfinde ich derartige Schnitzer immer als Bereicherung. Bei einigen anderen Dingen bin ich mir aber leider nicht völlig sicher, ob sich das Geäußerte tatsächlich auf nachlassende sprachliche Kompetenz zurückführen lässt oder nicht doch vielleicht tatsächlich dem Gemeinten entspricht.

Nehmen wir einmal die in abgelaufenen Woche vorgestellte Expertenanalyse führender deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute zu den Familienförderprogrammen der Regierung: Die wie gewohnt „hochkarätig besetzte“ professorale Runde gelangte zu dem Ergebnis, dass beispielsweise das Kindergeld und erst recht das steuerliche Ehegattensplitting abgeschafft gehörten, da beides Fehlanreize setze und Frauen davon abhalte, (wieder) den Weg in die Erwerbstätigkeit zu finden.

Soso. Haben die Damen und Herren schon einmal etwas von der Freiheit zur Selbstbestimmung gehört? Solange Zeitgenossen nicht ganz bewusst darauf abzielen, es sich in der sozialen Hängematte bequem zu machen, geht es niemanden, aber auch absolut niemanden etwas an, wie Familien ihre Einkommenssituation strukturieren, wer oder wieviele die Brötchen verdienen und wie wir es mit der Kinderbetreuung halten.

Und man muss schon einen argen zerebralen Tinnitus haben, um der um sich greifenden Ökonomisierung auch noch des Privatesten so einseitig das Wort zu reden. Das traditionelle Familienbild mag heute vielen überkommen erscheinen. Aber wer sich dafür entscheidet, dem muss dieser Freiraum erhalten bleiben.

Forscher, die Hand an die individuell sehr unterschiedlichen Lebensentwürfe legen oder den Staat bei derartigen Bemühungen unterstützen, sind überflüssig wie ein Kropf. Natürlich hat die EU kein Monopol auf derlei Unfug, aber es wäre sicherlich kein Schade, wenn sich diejenigen, die sich für die intellektuelle Elite halten, einmal ordentlich schütteln und all das abwerfen würden, was sich an parasitärem Mainstream in ihrem Fell festgesetzt hat. Es gibt auch noch ein Leben jenseits des Ökonomischen. Und wenn der sgn. Fortschritt, das sgn. Wachstum und das Wettbewerbsfähigkeitsdogma die Selbstbestimmung der Menschen kannibalisieren, dann tun mir schon heute all jene leid, die im Alter nicht früh genug dement werden, um ihr verpasstes Leben als solches zu erkennen.

USA: Pokern, bis das Licht ausgeht

Der Blick auf die USA und hier insbesondere auf den Kongress sollte nun wirklich auch den hartnäckigsten Optimisten klar machen, das in die Parlamente gewählte Abgeordnete keineswegs immer das Wohl der Bürger in den Vordergrund ihres Denkens und Handelns stellen.

Noch geht es in Washington „nur“ um den strittigen Haushalt, voraussichtlich am 17. Oktober dann um die drohende Zahlungsunfähigkeit der USA. Niemand weiß, was man den verbohrtesten Vertretern der Tea Party in den Tee getan hat, aber gesund kann das nicht gewesen sein. Weder die 800.000 in unbezahlten Zwangsurlaub geschickten Staatsbediensteten noch über 90 Prozent der Amerikaner können nachvollziehen, welch böse Posse sich Demokraten und Republikaner derzeit im Kongress liefern. Aber:

Es geht um Macht. Macht nichts, denn eben weil es sich um Macht dreht, werden die Republikaner letztlich Kompromissfähigkeit zeigen müssen. Ansonsten brauchen sie bei der am 4. November nächsten Jahres anstehenden „Midterm Election“, bei der es u. a. auch um alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus geht, gar nicht erst anzutreten. Denn ganz allein ihnen wird die Schuld am möglichen Scheitern der Anhebung der Schuldenobergrenze angelastet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Republikaner auf diese Art politischen Suizid begehen werden, ist äußerst gering.

EU: Wahnsinn ohne Grenzen

Wie zu erwarten, kommen nach der Bundestagswahl nach und nach wieder ein paar neue Ideen zur „Rettung“ des Euro auf den Tisch. Dabei verdichten sich zum einen die Hinweise, dass die Euro-Bonds wieder in den Fokus gerückt werden. Neuestes Kind der Brüsseler Ideenschmiede ist aber ein Vorstoß zur Gründung einer Art europäischer Arbeitslosenversicherung.

Länder, deren Arbeitslosenquote einen bestimmten Stand überschritten hat und weiter steigt, sollen danach aus EU-Töpfen Gelder zur Unterstützung der Arbeitslosen unterhalten. Als Hauptgeldgeber der von EUKommissar Lázló Andor ins Spiel gebrachten europäischen Arbeitslosenversicherung kämen dann Österreich, die Niederlande und natürlich vor allem Deutschland in Betracht. Um es kurz zu machen:

Die gleiche EU, die die „notleidenden“ Banken von Euro-Ländern mit Milliarden von Euro stützt, diese Staaten selbst aber durch eine beinharte Austeritätspolitik immer tiefer in die Rezession hinein treibt, will nun den dadurch angerichteten Scherbenhaufen zusammenkehren und den (noch) solventen Euro-Staaten zur Entsorgung vor die Türe kippen. Vom EU-Parlament dürfen wir da diesmal kaum mit Widerstand rechnen, denn Parlamentspräsident Martin Schulz erklärte bereits, dass dieser Vorschlag in die richtige Richtung weise, aber bei weitem nicht weit genug gehe. Der Euro, scheint es, macht gerade ein weiteres Fass auf.

Und zwar eines der gewohnten Sorte, die zwar einen Deckel, nicht aber einen Boden haben. Stößt die Idee, die eindeutig gegen geltendes EU-Recht verstößt (was ja bekanntermaßen in der Vergangenheit kein Hinderungsgrund war), nicht auf ein klares Nein z. B. der potentiellen Geberländer, wird der Euro Europa noch weiter entzweien.

Totgesagt und immer munterer

Es ist schon ein paar Monate her, dass ich hier die Börse von Venezuela besprochen hatte, den 2012 weltweit erfolgreichsten Börsenplatz. Seitdem und vor allem seit dem Tod von Staatschef Hugo Chávez überschlagen sich die Warnungen vor einem Absturz der Kurse an der Börse in Caracas.

Abgestürzt ist da allerdings bis jetzt gar nichts. Denn während die weltweit bedeutendsten Börsenplätze von einer Herausforderung in die nächste stolpern, klettert der IBVC auf immer neue historische Bestmarken. Und das in einem geradezu beängstigenden Tempo. Im Chart sehen Sie neben dem Index selbst auch den Dow Jones und den DAX.

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Beide Indizes haben dem Kursboom der Börse von Venezuela im abgebildeten, über deutlich mehr als 20 Jahre reichenden Zeitraum nie auch nur ansatzweise das Wasser reichen können.

Ich zeige Ihnen diesen Chart, weil ich mich nun daran machen werde, einmal zu eruieren, was es an neuen Anlagemöglichkeiten gibt. Sowohl nach oben als natürlich auch nach unten. Denn während sich aktuell nicht die geringsten Ermüdungserscheinungen zeigen, wird es selbstverständlich auch hier einmal eine extrem lohnende Einstiegschance nach unten geben. So sind halt die Gesetze des Marktes. Mit und ohne den faulen Zauber der Notenbanken. Und Exzessmärkte bieten stets die besten Chancen.

Rohstoffe: Entscheidung voraus

Den Chart des Rogers Commodity-Index hatte ich Ihnen schon vor kurzem abgebildet. Bis jetzt hat sich der Index aber noch geziert, sich eindeutig für die eine oder die andere Richtung zu entscheiden, was wohl auch auf das Konto der oben beschriebenen, unklaren Situation in den USA geht.

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Sowohl das charttechnische symmetrische Dreieck als auch der am Nullpunkt verlaufende Trendfolge- Indikator lassen jedoch erwarten, dass wir auf den Ausbruch nicht mehr lange warten müssen. Was passiert, falls die Republikaner es zum Äußersten kommen lassen sollten ist klar. Andererseits hat sich der Baltic Dry Frachtraten-Index in den letzten Handelstagen doch (endlich) einmal erholt. Für beide Seiten haben wir also Argumente. Warten wir einmal eine Woche ab. Besonders bei den Industriemetallen steht es nun Spitz auf Knopf.

DAX: Frankfurter Sphinx

Hier zum Abschluss nun der aktualisierte Wochenchart des DAX. Rund ein halbes Prozentchen musste der Index in der Vorwoche preisgeben. In Anbetracht der Risiken aus den USA ist das schlichtweg nichts. Und es unterstreicht, dass der Markt fest mit einer Lösung der Probleme rechnet.

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Aber: Wer es streng technisch angeht, kommt nicht an der auf Wochenbasis erkennbaren Verschlechterung des Momentum-Indikators vorbei. Noch ist hier nichts angebrannt. Aber die Luft wird dünner.

Auch in Zeiten, in denen die Märkte buchstäblich die Luft anhalten, tut sich also etwas. Und wie es aussieht, wird die Politik dies- und jenseits des Atlantiks uns bald noch sehr viele unerwartete „Geschenke“ machen. Kurstreibende oder auch Büchsen der Pandora. Da müssen Sie einfach einmal hinsehen. Ich kann das nicht, da ich kein Fernsehgerät habe. Aber ich lese aufmerksam. Und am liebsten zwischen den Zeilen.

Beste Grüße aus dem Schweineländchen!

Viel Erfolg und beste Grüße!

Axel Retz

 

 

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

About the Author:

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

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