DAX-Chartanalyse: Erhöhte Aufmerksamkeit ist angebracht

Nach dem Sprung über die Marke von 9720 hätte man eigentlich mehr Power von der Käuferseite erwarten können. Doch statt neuer Rekordhochs halten sich die Akteure zurück. Die Patt-Situation ist nicht überraschend.           

Stundenanalyse:

36 Punkte umfasste die gestrige Handelsspanne, man könnte auch sagen, der DAX beendete den Tag unverändert. Zur Schlussglocke lag der Index um 0,04 Zähler tiefer, fast schon rekordverdächtig. Alles andere als eine Rekordjagd liefert der Markt aber seit dem Sprung über die Februar- und April-Hochs ab. Die mangelnde Aufwärtsdynamik stimmt ein wenig skeptisch, Sorgen vor einem möglichen Fehlausbruch sind nicht ganz unbegründet. Zumindest ist die Unsicherheit unter den Akteuren recht hoch. Nachdem bereits am Dienstag ein Spinning Top ausgebildet wurde, legte der DAX zur Wochenmitte mit einem Inside Day nach.

Bei der Analyse des Marktes stellt die Chartanalyse die eine Seite der Medaille dar, mindestens ebenso wichtig ist aber auch die psychologische Komponente. Und hier befinden wir uns aktuell in einer sehr angespannten Lage. Denn alle Marktteilnehmer, die in den vergangenen Monaten eingestiegen sind und dem DAX während der Achterbahnfahrt die Treue hielten, liegen derzeit im Gewinn. Diese Gruppe hat den Finger am Abzug, dürfte also zügig aussteigen, wenn die Kurse erneut unter Druck geraten. Zugleich gibt es nur wenige Investoren, die so mutig sind, mit großen Positionen einzusteigen. Zu groß ist die Angst, den Markt genau am Hoch zu kaufen. Führt man beide Gruppen zusammen, überrascht die Lethargie der vergangenen beiden Tage nicht.

Entscheidend ist nun, in welche Richtung der nächste Impuls erfolgen wird. Der Stundenchart zeigt die enge Seitwärtsbewegung zwischen 9730 bis 9783. Fällt die südliche Marke und hält der Druck an, dürften viele Akteure ihre Positionen schließen, um nicht erneut Buchverluste zu erleiden. Dies gilt besonders für Trader, die erst in den vergangenen Tagen mit der Hoffnung auf neue Rekordstände eingestiegen sind. Um 9700 liegt nur eine schwache Haltemarke, einen etwas zuverlässigeren Eindruck hinterlässt das Niveau um 9620 und 9560.

Dreht der DAX nach oben, geraten vor allem Investoren unter Zugzwang, die bis noch zu gering oder überhaupt nicht investiert sind. Das erste Ziel liegt in diesem Szenario bei 9860.

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Tagesanalyse:

DAX läuft in die Spitze

Seit November hält sich der Deutsche Aktienmarkt in einer Range zwischen 8950 bis 9800 auf. Nach Kursgewinnen von rund 25 Prozent im vergangenen Jahr war eine Konsolidierung überfällig. Diese erfolgt seitdem über die Zeitachse, die Kurse laufen also seitwärts. Im Gegensatz zu einer Konsolidierung über die Preisachse, die mit deutlichen Kursverlusten einhergeht, können die DAX-Bullen mit den vergangenen Monaten eigentlich zufrieden sein.

Dennoch hinterlässt das ständige Hin und Her der Kurse einen faden Beigeschmack. Je länger die Käufer am Kursbereich ab 9600 scheitern, desto geringer die Chance, dass diese Hürde genommen wird. Immer mehr Akteure stellen fest, dass ab Kursen von 9600 andere Marktteilnehmer beginnen, ihre Bestände zu verkaufen. Diese länger anhaltenden Seitwärtsbewegungen entstehen vor allem, wenn institutionelle Investoren ihre großen Positionen in kleineren Häppchen an andere Anleger verkaufen. Ab einem gewissen Zeitpunkt werden aber auch die kleineren Akteure vorsichtig und ziehen sich zurück. Ein weiter hohes Angebot trifft dann auf eine geringe Nachfrage, deutliche Kursverluste sind nur noch eine Frage der Zeit.

Der Chart auf Tagesbasis liefert dazu wertvolle Informationen. Entweder springt der DAX nachhaltig über die massive Hürde zwischen 9600 bis 9720, oder es kommt zum Bruch des langfristigen Aufwärtskanals. In den kommenden Wochen wird eine der beiden Marken brechen. Denn die südliche Extremzone der Range steigt immer weiter an und verläuft Ende Mai bereits im Bereich um 9500.

Im negativen Fall dürften sich zügig weitere kurzfristig ausgerichtete Anleger aus dem Markt verabschieden und den Abwärtsdruck verschärfen. Eine schnelle Korrektur bis mindestens an die mittelfristig richtungsweisende Unterstützung mit der 200-Tage-Linie um 8950 / 9100 wäre zu erwarten.

Erfolgt hingegen der Sprung über die 9720, stellt das Rekordhoch nur eine psychologische Hürde dar. Fünfstellige Kurse dürften nur eine Frage der Zeit sein.

Welches Szenario wahrscheinlicher ist, lässt sich derzeit noch nicht seriös beantworten. Das nach wie vor bestehende Verkaufssignal im MACD auf Wochenbasis aber auch der überkaufte DSS Bressert deuten eher auf die bearische Variante.

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Wochenanalyse:

Hop oder Top

Im langfristigen Wochenchart zeigt sich ebenfalls bereits deutlich die seit rund fünf Monaten anhaltende Konsolidierungsbewegung. Nachdem der DAX zu Jahresbeginn eine seit Anfang 2012 bestehende obere Aufwärtstrendlinie (dunkelgrün) vergeblich anlief, kam es zuletzt aufgrund der Seitwärtsbewegung zu mehreren Test der südlichen Begrenzung (hellgrün). Bisher nutzten Schnäppchenjäger die Rücksetzer zum Einstieg und bestätigten somit den übergeordneten Aufwärtsimpuls. Je geringer allerdings die anschließenden Erholungen ausfallen und je öfter der DAX die untere Aufwärtstrendlinie testet, desto höher die Wahrscheinlichkeit für einen Trendbruch. Zu einem bestimmten Zeitpunkt werden nicht mehr genügend Käufer an der Seitenlinie stehen und für eine Stabilisierung sorgen. Zugleich geben die bereits investierten Anleger irgendwann auf und veräußern wieder ihre Positionen, wenn sich das bullische Szenario nicht einstellt.

Sollte es zu einem Trendbruch kommen, stellt die 200-Tage-Linie zusammen mit der horizontalen Unterstützung um 9000 / 9100 eine letzte wichtige Bastion dar. Erst wenn diese Zone nachhaltig unterschritten wird, trüben sich die Aussichten deutlich ein. Die Kursbewegungen des DAX in den vergangenen fünf Monaten oberhalb von 9000 wären dann als eine Top-Formation einzustufen, deren Höhe auf ein Korrekturpotential bis rund 8150 deuten würde (s. rote Markierungen). Exakt auf diesem Niveau liegen auch die Umkehrbewegungen aus 2000 und 2007 (s. auch Monatsanalyse).

Noch ist aber das entscheidende Verkaufssignal nicht gegeben. Bis dahin bleibt eine Fortsetzung des Hausseimpulses wahrscheinlicher. Für ein klares mittelfristiges Kaufsignal sollte der DAX aber mindestens über das Rekordhoch von 9800 ansteigen. Im positiven Fall lässt die dunkelgrüne Trendlinie Platz bis rund 10.500.

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Monatsanalyse:

Zwei Szenarien für die Zukunft

Im abgebildeten Monatschart seit 1960 wird vor allem die Bedeutung des Kursbereichs um 8000 / 9000 deutlich. Nach dem Ausbruch aus einer rund 20 Jahre andauernden Seitwärtsbewegung im Jahr 1983 zeigte der DAX bis zur Jahrtausendwende eine ausgeprägte Rally-Bewegung. Mit dem Platzen der Spekulationsblase wurde diese Aufwärtsbewegung in den vergangenen 13 Jahren konsolidiert. In dieser Zeit bildete der Deutsche Aktienindex deutlich steigende Bewegungstiefpunkte aus, was auf einen allmählich steigenden Kaufdruck deutet. Der Sprung über die Hochpunkte aus dem Jahr 2000 und 2007 bei 8200 war somit nur eine Frage der Zeit. Der DAX löste ein sehr bullish aufsteigendes Dreieck nach oben hin auf, aus dem theoretisch Notierungen deutlich jenseits der 10.000er-Marke abgeleitet werden können.

Nach dem nun erfolgten Ausbruch sind zwei grundsätzliche Szenarien denkbar. Aufgrund der Bedeutung der Zone um 8200 wäre eine Rückkehrbewegung und somit ein Retest des Ausbruchsniveau nicht überraschend. Ein möglicher Wendepunkt könnte an der psychologisch wichtigen Schwelle von 10.000 liegen. Ausgehend von einem kurzen Test der fünfstelligen Kursmarke wäre mit einer Korrektur bis in den Bereich von 8200 / 8500 zu rechnen, von dem aus dann eine nachhaltige Aufwärtsbewegung erfolgen würde. Zugleich eröffnet sich Anlegern, die den Einstieg bisher verpassten, auf langfristige Sicht noch einmal eine gute Einstiegsgelegenheit.

In einem zweiten Szenario bleibt ein Test der Zone um 8200 von oben aus. Stattdessen läuft der Markt nach einer recht wahrscheinlichen Konsolidierung bei rund 10.000 weiter aufwärts. Neue Widerstände müssten sich erst noch herausbilden. Unwahrscheinlicher erscheint hingegen ein Rücksetzer unter das Ausbruchsniveau von 8200.

Auf Basis der Indikatoren wäre noch ein wenig Luft nach oben vorhanden. Beachten Sie vor allem den trendfolgenden MACD, der in den vergangenen 13 Jahren eigentlich recht zuverlässig die Wendepunkte beim DAX antizipierte. Allmählich erreicht der Signalgeber die Niveaus aus dem Jahr 2000 und 2007 (rote Linie).

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Posted in: Deutschland

About the Author:

Franz-Georg Wenner ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare und referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. Zusätzlich betreute er für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. Bereits seine Diplomarbeit im Fachbereich BWL der Uni Düsseldorf beschäftigte sich mit der Intermarket-Analyse.

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