Zahlungsausfall würde Lehman-Desaster übertreffen
Themen des Tages: Übersicht zu den US-Verbindlichkeiten bis Anfang November +++ Vergleich mit Lehman +++ Obama hat eine Trumpfkarte +++ US-Berichtssaison – Erwartungen reduziert
Seit inzwischen einer Woche sind die US-Bundesbehörden wegen der anhaltenden Haushaltsstreitigkeiten geschlossen. Bisher hält sich der volkswirtschaftliche Schaden noch in Grenzen und auch die Finanzmärkte zeigen sich vergleichsweise gelassen. Wichtige Konjunkturdaten wie der US-Arbeitsmarktbericht wurden nicht gemeldet, dennoch behaupten sich die Aktienmärkte in Reichweite ihrer Rekordniveaus. In weniger als zwei Wochen könnte sich das Bild aber deutlich verändern, sollten sich die politischen Entscheidungsträger nicht auf eine Erhöhung der Schuldenobergrenze einigen. Inzwischen äußerte sich auch Investorenlegende Warren Buffett besorgt über die Entwicklung in Washington: „Es sollte wie bei Atombomben sein – grundsätzlich zu furchtbar, um sie einzusetzen.“
Stichtag ist der 17. Oktober, mit etwas Glück und geschickter Buchhaltung könnte der Staatsbankrott auch noch ein oder zwei Wochen hinausgezögert werden. Nach Auskunft von Finanzminister Lew wird die Regierung Mitte Oktober nur noch über Barmittel von 30 Mrd. Dollar verfügen. Am 16. Oktober fallen Beiträge zur Sozialversicherung über zwölf Mrd. Dollar an, für den 23. Oktober steht ein ähnlicher Betrag aus. Wirklich kritisch wird es ab Ende Oktober. Am 31. Oktober müssen die USA sechs Mrd. Dollar an Zinsen für ihre Schulden aufbringen, einen Tag später stehen gut 60 Mrd. Dollar an Rentenzahlungen auf der Agenda.
Lehman nur ein Vorspiel
Was passieren wird, wenn es tatsächlich zu einem Zahlungsausfall kommt, lässt sich nicht vorhersagen, da es diese Situation bisher noch nicht gab. Angst vor dem Unbekannten, zumal US-Staatsanleihen bisher als sicherer Hafen angesehen werden. Sollte dieses Vertrauen erschüttert werden, ist mit größeren Verwerfungen zu rechnen als nach dem Lehman-Desaster. Als die Investmentbank am 15. September 2008 Bankrott anmeldete, stand das Finanzhaus mit 517 Mrd. Dollar im Feuer. Die USA haben derzeit Anleihen im Volumen von rund 12 Bio. Dollar im Umlauf – 23 Mal mehr.
Obama hat eine Trumpfkarte
Obwohl sich zwischen Demokraten und Republikanern keine Einigung abzeichnet, herrscht an den Finanzmärkten nur eine gedrückte Stimmung. Gestern verzeichneten die wichtigsten US-Indizes nur moderate Verluste, und auch der Anstieg der Vola-Indizes fiel zwar deutlich aus, ist aber noch nicht im „Panik-Modus“. Wie passt das zusammen? Selbst wenn aus dem US-Kongress kein grünes Licht kommen sollte, hat US-Präsident Barack Obama noch eine Trumpfkarte in der Hand: In Artikel 4 des 14. Amendments der Verfassung ist festgelegt, dass die USA ihren Schulden-Verpflichtungen immer nachkommen müssen. Sollte Obama auf diese Notmaßnahme zurückgreifen, könnte er also auch im Alleingang Schulden machen. Auf den ersten Blick würde sich an der Verschuldungs-Orgie nichts ändern. Allerdings hätten die USA dann massiv an Vertrauen verspielt – kräftige Reaktionen am Anleihemarkt wären nur eine Frage der Zeit.
Zum heutigen Handelstag
Der DAX behauptet sich zum Handelsauftakt im Bereich der 8580er-Marke. Deutsche Telekom, Deutsche Börse und Bayer starten gut in den Tag, am Indexende sind Commerzbank und VW zu finden. Mit dem Ausbleiben von wichtigen makroökonomischen Daten wie z.B. dem US-Arbeitsmarktbericht am vergangenen Freitag fehlt den Märkten auf unbestimmte Zeit eine wichtige Orientierungshilfe bei der Bewertung der aktuellen konjunkturellen Lage. Umso stärker wird daher die US-Berichtssaison, die heute mit den Zahlen von Alcoa beginnt, beachtet werden. Bei den Gewinnschätzungen dämpften die Analysten wie üblich ihre Erwartungen zuletzt kräftig ein. Vor drei Monaten sollte der Gewinnanstieg für die S&P500-Unternehmen noch bei 6,5 Prozent liegen, aktuell geben sich die Experten sogar mit 3,2 Prozent zufrieden. Vor allem auf dem Finanzsektor ruhen große Hoffnungen. Dank der Nullzinspolitik der Fed liegen die Prognosen bei einem Plus von 9,3 Prozent. Die Gewinnschätzungen für Alcoa sind in den vergangenen drei Monaten von 0,10 Dollar je Aktie auf nur mehr 0,06 Dollar für das dritte Quartal gesunken. Positive Überraschungen sind bei dieser Ausgangslage recht einfach, zumal sich auch wichtige Indikatoren wie der ISM-Index seit Sommer freundlich entwickelten.
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