By 3. März 2013 Read More →

Mit dem DAX den DAX schlagen

Die Italien-Wahlen sind durch, die Nachwehen kommen erst noch. Und in den USA greifen nun die Haushaltskürzungen. Na und? Ich werde die Finger nicht vom Markt lassen. Denn richtig angefasst, ist der Markt auch heute noch so profitabel wie immer. Und er wird es bleiben!

 

 

Fassungslos starrten die Anleger am Montag erst auf die nach oben davon jagenden Kurse an den Märkten, die einen al dente gegarten Wahlausgang in Italien vorwegnahmen (die Börse ist ja angeblich Meister in so etwas). Noch viel fassungsloser wurden sie am Folgetag, als das Ergebnis dann doch ganz anders als erwartet ausfiel.

Der eigentliche Gewinner der Wahl: Giuseppe Grillo, der im Gegensatz zu den politischen Entscheidungsträgern auch offiziell als Komiker bezeichnet wird und „Italien den Bürgern zurückgeben“ will.

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“, stellt Artikel 20 des Grundgesetzes fest. Ich für meinen Teil kenne aber nicht einen einzigen Mitmenschen, der auch nur einen der oben genannten Punkte gewollt hätte oder will. Und: Sprechen Sie diese Themen bei den politischen Entscheidungsträgern an, werden Sie zumeist nicht etwa für einen vernünftigen Menschen, sondern für einen irgendwie bedrohlichen Zeitgenossen gehalten.

Volkes Wille und seine „Umsetzung“ sind heute dermaßen weit voneinander entfernt, dass die etablierten Parteien (und wir alle) den Tag fürchten sollten, an dem eine charismatische Lichtgestalt mit hoher Blendwirkung den Wählern eine neue politische Kultur verspricht. Die muss es geben, keine Frage. Aber das Risiko, dass das Ruder zuvor in falsche Hände gerät, wächst mit jedem Tag, an dem Berlin und Brüssel an Bürgern (und Verfassung) vorbei- oder drum herum regieren.

 

Ex-EZB-Chefvolkswirt: Teufelskreis

Wenn Sie heute durch eine Fußgängerzone gehen und plötzlich das ungute Gefühl haben, dass sich da irgendjemand an Ihrer rechten Gesäßtasche zu schaffen macht, dort wo Sie Ihren Geldbeutel haben und daraufhin nach hinten greifen und etwas Feuchtes, Klebriges zu fassen bekommen, dann können Sie so gut wie sicher sein, dass es sich um die notorisch klamme öffentliche Hand handelt. Und das monotone Rauschen, das Sie in Frankfurt, New York oder Tokio hören und das nur notdürftig vom Straßenlärm kaschiert wird, es ist das Dröhnen der Druckerpressen der Notenbanken. Der Sündenfall der EZB, die Staatsfinanzierung, die wegen hinderlicher Juristen nicht Staatsfinanzierung heißen darf, wird heute kaum noch thematisiert – der scheinbare Erfolg gibt der Notenbank ja Recht.

Und überhaupt: Die Amerikaner machen‘s ja auch, die Briten fackelten da erst nicht lange herum und Tokio droht seiner Notenbank ganz unverblümt mit rechtlichen Konsequenzen, wenn sie nicht mitspielt.

Dazu einmal einige ausschnitthafte Zitate, die ich einem Gastkommentar der Freitagsausgabe des Handelsblatts entnommen habe: „Die Zentralbanken der westlichen Volkswirtschaften befinden sich in einem riskanten Experiment. Sie verlängern den Krisenmodus und bereiten den Boden für neue Marktübertreibungen und Krisen, indem sie den Anreiz- und Signaleffekt des Preissystems unterdrücken. […] Gelöst ist damit keines der Probleme, zumal die Maßnahmen der Zentralbanken den Handlungsdruck auf die Regierungen deutlich reduziert haben.

 

Kurzfristig mögen diese Interventionen positiv wirken. Mittel- bis langfristig ergeben sich daraus unbeabsichtigte und unerwünschte Folgen. […] Mit dem Krisenmanagement der Zentralbanken werden keine monetären Phänomene bekämpft, aber es werden zukünftige monetäre Probleme geschaffen. […] Der Vertrauensanker Zentralbank erfordert und rechtfertigt die Unabhängigkeit. Allerdings ist die Unabhängigkeit eine notwendige, aber keine hinreichende Garantie für Preisstabilität. Es bedarf der Ergänzung durch zwei weitere Elemente: klare und nachvollziehbare geldpolitische Regeln sowie charakterliche und fachliche Qualifikation der Entscheidungsträger“. Zitat Ende.

Schöpfer dieser ehrlichen und leider ernüchternden Sätze: Dr. Jürgen Stark, von 2006 bis 2012 Chefvolkswirt und Direktoriumsmitglied der EZB. Offiziell kündigte er 2012 aus „persönlichen Gründen“ seinen Rückzug an, bekannte sich wenig später aber zu einer tiefgreifenden Unzufriedenheit mit der Entwicklung der EU-Währungsunion, um der EZB im März letzten Jahres zu attestieren, dass sie sich in einen „Teufelskreis“ begeben habe.

Wer das für Panikmache hält, richte seinen Blick gen Westen und Osten: In den USA ist es die unter Präsident Reagan erlassene „Executive Oder 12631“, mit deren Hilfe die US-Regierung den Aktienmarkt vermutlich insgeheim stabilisiert (was nach US-Recht verboten wäre), in Japan gehen die Pläne des designierten neuen Notenbankchefs sogar so weit, Unternehmensanleihen und Anteile von Aktienfonds kaufen zu wollen.

Durch und durch manipulierte Börsen (und mit nichts anderen haben wir es an den Anleihemärkten ja schon heute zu tun) sind Potemkinsche Dörfer von Weltstadt-Ausmaß, geschaffen nur, um ein sterbenskrankes Finanzsystem so lange aufzuhübschen, bis das ersehnte, sich aber trotz aller bis jetzt in den Markt gepumpter Billionen virtuellen Geldes nicht einstellen wollende „Wachstum“ um die Ecke lugt, das sich aber bei zunehmendem Misstrauen der Verbraucher und schwindender Kaufkraft aufgrund ökonomischer Grundregeln, die anscheinend zu primitiv sind, als dass sie noch Beachtung fänden, niemals einstellen wird.

Das Deutsche Aktieninstitut (DAI), das noch zur Jahresmitte 2012 einen fast explosiv zu nennenden Anstieg deutscher Privatanleger am Aktienmarkt ermittelte, vermeldete in seinen am Dienstag veröffentlichten Daten nun für das zweite Halbjahr 2012 einen scharfen Einbruch dieser Zahl um 1,3 Millionen auf nunmehr 8,84 Millionen. Die „Flucht in Werthaltiges“ hat also ganz und gar nicht stattgefunden. Zumindest nicht am Aktien-, wohl aber am Immobilienmarkt.

Kann man, so die Gretchenfrage meines heutigen Beitrages, an derart manipulierten Märkten überhaupt noch erfolgreich sein? Oder ist man, wie mir eine Leserin am letzten Wochenende schrieb, nur noch eine Art Krill, der von den großen Walen verfrühstückt wird?

Meine Antwort: Es ist völlig uninteressant, wer aus welchen Gründen am Markt als Käufer oder Verkäufer auftritt. Ausschlaggebend (was man aus unerfindlichen, aber verständlichen Gründen auch nach der Rechtschreibreform – anders als etwa Erfolg versprechend – immer noch zusammenschreibt) ist einzig, dass Sie rechtzeitig mitgekommen, ob und wann sich die Fließrichtung des Geldes von „hinein“ auf „hinaus“ oder umgekehrt verändert. Um das herauszufinden, helfen Ihnen die sgn. Fundamentalanalysen genau so gut wie eine Abhandlung über die Korpuskeltheorie des Lichts, wenn Sie im Dunkeln vor Ihrer Haustüre nach dem Schlüsselloch suchen.

 

Genau aus diesem Grunde liebe ich Charts. Sie blenden alles Beiwerk aus: Alles Rauschen, alle Medienkommentare, alles Drumherum und, ganz wichtig, auch Ihre persönlichen Einschätzungen. Vorausgesetzt natürlich, Sie legen sie nicht gleich wieder in Ihre Betrachtung der Charts hinein. Das kann man üben. Und das muss man. Sehen wir uns einmal den DAX an.

 

DAX: Auf Falltür oder Sprungbrett?

Anleger mit einer ausgeprägten Neigung zu Euphorie oder Panik kamen in den letzten Handelstagen voll auf ihre Kosten. Erst hatten die Optimisten den Index noch vor Bekanntgabe des Ergebnisses der italienischen Parlamentswahlen am Montag steil nach oben gezogen. Der Absturz folgte dann gleich einen Tag später.

Wer hier versucht hatte, mit dem Markt zu gehen, hat heute ein paar Euro weniger im Depot. Ich hatte Ihnen schon in der vergangenen Woche dargelegt, warum ich um DAX-Indextradings derzeit einen weiten Bogen mache. Und dabei bleibt es auch zum Wochenstart. Denn wie Sie im Chart erkennen, ging der DAX nach der wilden Berg- und Talfahrt mit einem kleinen Plus ins Wochenende, womit der Kurs immer noch knapp oberhalb seiner wichtigen Kreuzunterstützung bei 7.600 liegt.

Der Trendindikator meines „Kapitalschutz-Briefs“, der uns einen zuverlässigen Einstieg in neue Puts signalisieren dürfte, liegt nun schon drei Wochen in Folge nur noch um Haaresbreite im Plus. Beides zusammen stellt klar, dass hier einfach abgewartet werden muss, bis der DAX die seit Jahresbeginn entstandene Range zwischen 7.600 und 7.872 verlässt.

In der letzten Woche hat der Kurs diese Spanne in beide Richtungen durchmessen, um dann recht genau in ihrer Mitte zu schließen. Warten gehört leider nicht zu den Stärken vieler Trader. Aber zu den Stärken der Erfolgreichen unter ihnen. Aber beim DAX muss jetzt abgewartet werden. Denn aus diesem charttechnischen Kuckucksei kann ein geflügelter Bulle schlüpfen – aber auch ein garstiger Bär!

 

 

Mit dem DAX den DAX schlagen

Wer nicht warten mag, der ist aber keineswegs zum Nichtstun verdammt. Er sollte nur wissen, wo andere und m. E. erheblich bessere Chancen liegen. Sicherlich: Das Indextrading auf den DAX erfreut sich größter Beliebtheit. onvista.de beispielsweise listet auf den Deutschen Aktienindex 16.575 Discount-Zertifikate, 36.767 Bonus-Zertifikate, 21.247 Knock Out-Scheine und 37.461 Optionsscheine auf. Und Optionen, Futures CFDs und Faktorzertifikate gibt es auch noch wie Sand am Meer.

Index-Tradings, so verführerisch einfach sie auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, haben einen ganz entscheidenden Nachteil. Vereinfacht ausgedrückt, vermischen sie Äpfel mit Birnen. Denn in die Berechnung eines Index wie des DAX gehen immer sowohl die im Kurs gestiegenen wie auch die im Kurs gefallenen Aktien ein.

Hinzu kommt, dass die Aktien eines Index zumeist unterschiedlich „gewichtet“ werden. In die Berechnung des DAX beispielsweise fließen die Kursveränderungen seiner Einzelwerte nach deren so genanntem Streubesitz (engl. free float) ein, also dem Wert der frei am Markt handelbaren Aktien, die sich nicht im Besitz von Großaktionären oder des Unternehmens selbst befindet.

Die Folge dieses nicht unumstrittenen Verfahrens möchte ich Ihnen an einem anschaulichen Beispiel vor Augen führen: Fällt die Siemens-Aktie an einem Tag um ein Prozent, während Lanxess, HeidelbergCement, Merck, K+S, Thyssen-Krupp, Deutsche Börse, Henkel und Fresenius um je ein Prozent zulegen und alle anderen Aktien unverändert notieren, wird der DAX wegen der hohen Gewichtung der Siemens-Aktie im Minus schließen! Es liegt auf der Hand, dass das nicht das Gelbe vom Ei ist.

Sicher: Bricht der DAX aus seiner Range aus, können Sie natürlich eine Indexposition eröffnen. Die gegen Sie laufenden Aktien, die sich dem neuen Trend nicht anschließen, verwässern dabei aber natürlich Ihren Gewinn. Und wenn eine Siemens acht andere DAX-Titel „überstimmen“ kann, kann das Ganze auch völlig anders ausgehen als gewünscht. Um das Maximum aus dem DAX herauszuholen, sollten Sie daher direkt auf die Einzelwerte setzen. Die bullishen Werte fassen Sie mit Calls, die bearishen mit Puts an!

Das sagt sich leichter als es sich umsetzen lässt? Keinesfalls. Vor einigen Wochen hatte ich Ihnen bereits einmal die aus meinem Börsendienst „private profits“ entnommene Tabelle der Kauf- und Verkaufssignale für die 30 DAX-Aktien vorgestellt. Damit Sie sehen, wie sich das Ganze weiter entwickelt hat, finden Sie heute erneut diese Tabelle, entnommen der am Dienstag erschienen Wochenausgabe von „private profits“ und versehen mit den Wochenschlusskursen.

Von den insgesamt 22 Kauf- und acht Verkaufssignalen befinden sich derzeit 28 der Empfehlungen im Plus, zwei im Minus. Eines der Signale (Beiersdorf) stammt noch aus Dezember 2011, 22 der Kauf- bzw. Verkaufssignale kamen 2012 zustande; in diesem Jahr waren es bis jetzt sieben.

 

 

Eine Trefferquote von 28 aus 30 und das in Börsenzeiten, denen wohl niemand das Attribut „schwierig“ verweigern würde, ist doch schon einmal eine Hausnummer. Und: In den Indexbereich mögen die Marktmanipulateure über Futures so viel hineinfummeln wie sie mögen, Einzelaktien mit ihren Kauf- und Verkaufssignalen sind eine Sache für sich. Mir gefällt diese legere Art des Tradens.

 

 

Noch mehr gefällt mir nur, dass es jetzt endlich Frühling wird und ich meinen Arbeitsplatz bald wieder auf die Terrasse verlegen kann.

Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

 

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

Posted in: Marktanalysen

About the Author:

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

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