Gerry Weber: Droht das Bilfinger-Schicksal?

Adidas, Bilfinger, Südzucker, LPKF Laser – die Liste der Aktien mit herben Kursverlusten ist in den vergangenen Monaten kontinuierlich gewachsen. Nun hat es auch Gerry Weber erwischt, der Einbruch von gut 30 Prozent ist vor allem für einen MDAX-Wert außergewöhnlich. Sollten Anleger auf dem niedrigen Niveau einsteigen oder noch warten?

 

Rückblickend betrachtet ist man immer schlauer: Bereits die sehr lange Seitwärtsbewegung bei der Gerry Weber-Aktie seit Frühjahr 2012 im Bereich zwischen 27,50 Euro bis 39,60 Euro war ein kleines Warnsignal. Erfahrungsgemäß werden Range-Bewegungen mit einem starken Impuls verlassen, der umso kräftiger ausfällt, je enger und länger der Wert darin gefangen war. Der kräftige Absturz ist natürlich in erster Linie eine Reaktion auf die herbe Gewinnwarnung, lässt sich aber auch charttechnisch erklären.

Flucht aus der Aktie

Der erste Chart zeigt zudem, dass in den vergangenen Tagen auch große Adressen die Reißleine gezogen haben (die Größe der Kerze ist in dieser Einstellung abhängig vom Handelsvolumen). Am 10. Juni schoss das Handelsvolumen über Xetra auf 123 Mio. Euro, in den vergangenen drei Tagen waren es zwischen 25 bis 45 Mio. Euro. Zum Vergleich: Der Sechs-Monats-Durchschnitt erreichte zuletzt 6,7 Mio. Euro. Alle zittrigen Hände sind inzwischen ausgestiegen, wer jetzt noch investiert ist, scheint vom Unternehmen trotz der jüngsten Enttäuschungen überzeugt zu sein. Damit dürfte ein Großteil der Abwärtsbewegung abgearbeitet sein.

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Für eine Stabilisierung auf dem aktuellen Niveau spricht auch die Umsatzhäufung im Bereich um 19,50 / 20 Euro. In 2011 wurde der Bereich mehrfach von oben angelaufen und könnte sich nun als Haltemarke erweisen. Verstärkt wird die Zone durch das 38,2 Prozent Korrekturniveau der Aufwärtsbewegung von 2009 bis 2014. Oft greifen an dieser Fibonacci-Marke verstärkt Schnäppchenjäger zu ein leiten so eine Gegenbewegung ein. Rein statistisch gesehen ist eine Erholung ohnehin überfällig. Zuletzt entfernte sich die Aktie um gut 38 Prozent von ihrer 200-Tage-Linie. Ein vergleichbarer Extremwert wurde im Herbst 2008 gemessen, anschließend kam es damals zu einer Erholung.

Bodenbildung benötigt Zeit

Die nun erfolgte Übertreibung auf der Unterseite spricht somit für einen Einstieg bzw. den Aufbau von ersten Teilpositionen. Allerdings bleibt das Risiko unverändert hoch, weitere Verluste sind zu erwarten. Auch bei anderen Werten wie Bilfinger kam es trotz einer vergleichbaren statistischen Ausgangslage nach einem Absturz nicht zur erhofften technischen Erholung. Nicht selten setzt sich die Abwärtsbewegung mit geringerer Dynamik fort, eine Bodenbildung erstreckt sich meistens über mehrere Wochen und Monate.

 

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Weitere Kursverluste bis an die nächste Haltemarke bei 16,20 / 16,70 Euro sollten daher einkalkuliert werden. Hier hätte die Mode-Aktie zugleich die Hälfte der Aufwärtsbewegung seit 2009 wieder nach unten abgegeben. Zudem liegt im Bereich um 15,80 Euro auch das Projektionsziel aus der nach unten aufgelösten Seitwärtsbewegung (rote Balken). Dazu wird die prozentuale Breite der Range an den Ausbruchspunkt gelegt und nach unten abgetragen.

 

Fazit: Trotz des verlockend geringen Kursniveaus ist ein Einstieg derzeit noch zu früh. Zu Wochenbeginn setzte sich die Abwärtsbewegung unter erhöhten Umsätzen fort, die Haltezone um 19,50 / 20 Euro lockt derzeit zu wenig Käufer an. Recht wahrscheinlich wird der Wert in den kommenden Wochen oberhalb von 16,50 / 17 Euro einen Boden ausbilden mit anschließender Gegenbewegung. Wann die Unterseite der Abwärtslücke bei 24,30 Euro und somit der nächste schwache Widerstand erreicht wird, ist derzeit vollkommen offen.

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Posted in: Aktien, Deutschland

About the Author:

Franz-Georg Wenner ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare und referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. Zusätzlich betreute er für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. Bereits seine Diplomarbeit im Fachbereich BWL der Uni Düsseldorf beschäftigte sich mit der Intermarket-Analyse.

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