Die draghischen Irrtümer
Als ich vier Jahre alt war, habe ich über eine gefundene Vogelfeder einen kleinen Eimer gestülpt und mich darauf gesetzt, um die Feder „auszubrüten“. Bis zum Einbruch der Dunkelheit konnten mich meine Eltern nicht davon überzeugen, das Vorhaben aufzugeben. Aber als ich mir dann das Ergebnis meiner Bemühungen ansah, hatte ich die Sache verstanden. Und ich hab‘s bis heute wirklich nie wieder probiert!
Ob der Versuch, mit dem Kopf durch die Wand zu kommen, an diesem noch Schaden anrichten kann, das hängt ganz wesentlich davon ab, in welchem Zustand er sich zuvor befindet. Oder um es mit Albert Einstein etwas weniger diplomatisch zu formulieren: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“
Mario Draghi hat seit langem gleich drei Federn unter dem Eimer, die er gerne ausbrüten möchte: Die wenig durchdacht wirkende Hoffnung, durch eine Anhebung der Inflation die Wirtschaft anzukurbeln, die Stimulierung der Kreditvergabe durch die Geschäftsbanken und die Belebung des privaten Konsums. Wieder und wieder dreht er seinen Eimer herum, um nachzuschauen, welche Brutergebnisse er schon erzielt hat. Keine. Und was tut er? Nach und nach vergrößert er die Eimer, auf denen er Platz nimmt, dabei offensichtlich mehr und mehr vom Gefühl beseelt, dass er auf einem immer höher werdenden Thron sitzt.
- Wer die Wirtschaft über die Inflation ankurbeln will, gibt damit zu, die Menschen über die Angst vor Teuerung zum Konsum bewegen und Schulden über Geldentwertung abbauen zu wollen. Beides verdient das Prädikat „unseriös“.
- Die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an Unternehmen und Private lässt sich nicht erhöhen, indem man den Banken für EZB-Einlagen Negativ-Zinsen aufbrummt. Kredite, die nicht nachgefragt werden, lassen sich nicht vergeben, nicht einmal kostenlos.
- Wer den Konsum stärken will, muss die Kaufkraft stärken. Nicht die des oberen einen Prozents, sondern die der sgn. Masse. Und das geht über positive Renditen und eine entsprechende Entwicklung der Einkommen.
Ein globaler „Räuberkapitalismus“ heutiger Prägung, der über sgn. Reformen einen Abwertungskreislauf initiiert und über das ausgeleierte Argument der Wettbewerbsfähigkeit das volkswirtschaftlich als Massenkaufkraft bezeichnete Konsumvermögen der Menschen einschränkt und gleichzeitig ihre Zukunftsängste (Altersarmut) verstärkt, schießt sich auf kaum noch zu übertreffende Art selbst ins Knie und stirbt an sich selbst.
Nun aber einmal konstruktiv!
Optimisten sehen die Dinge in der Regel halb so schlimm oder doppelt so gut. So gesehen, bin ich kein Optimist, weil ich mich da eher in der Mitte anzusiedeln versuche. Aber ein paar Ideen zur Lösung bzw. (richtiger) Verschiebung des durch das Zins- und Zinseszinssystem unausweichlich Kommenden habe ich schon parat.
- Das Trennbanken-System: Banken, so sie weiter eine Existenzberechtigung haben wollen, müssen sich aufspalten. In einen „Zocker-Anteil“, der von sich leben oder an sich selbst untergehen kann und in einen „sicheren Anteil“, der Sparern eine sichere Rendite garantiert. Banken, die sich verzocken, gingen dann sang- und klanglos unter. Allein diese Perspektive dürfte bewirken, was mit Appellen an einen „Kulturwandel“ offenkundig nicht zu erreichen ist. Dass es zu einem derartigen „großen Wurf“ kommt, halte ich allerdings für unwahrscheinlich, da die derzeitige Politik Hand in Hand mit den Notenbanken Bankenrettung meint, wenn sie Währungsrettung sagt. Und dafür gerne auch an den Portemonnaies der Steuerzahler herumnestelt.
- Eine Mikro-Transaktions-Steuer. Und das ist was? Alle unbaren finanziellen Transaktionen könnten mit einer Steuer von beispielsweise 0,05 Prozent belegt werden, die ggf. auch gestaffelt ist. Gegenüber etwa einer Mehrwertsteuererhöhung, die vor allem die weniger gut Situierten trifft, würde die Belastung je nach Höhe einer Überweisung gerecht greifen. Für eine Wohnungsmiete von 800 Euro würden 40 Cent abgeführt, beim Kauf eines PKW für 25.000 Euro 12,50 Euro. Das klingt nicht nach viel. Aber: Da die Summe der Geldtransfers gut 300 mal höher ist als das BIP, ließe sich damit Gewaltiges erreichen – zumindest eben eine Verlängerung des Sterbevorgangs des Finanzsystems. Dass die Regierungen diese Idee durchaus prickelnd finden könnten, nehme ich an. Auch in Berlin wird mein Newsletter gelesen.
- Eine Vermögenssteuer. Wenn es ist, wie es ist, also ein sehr kleiner Anteil der Bevölkerung über ebenso viel Kapital verfügt der „Rest“ der anderen 90 Prozent der Menschen, wäre eine Abgabe der Geldelite dringend geboten. Leute, die gar nicht merken, ob ihnen eine oder zehn Millionen auf dem Konto fehlen, sollten das verkraften können. Ist es wahrscheinlich, dass wir so etwas sehen werden? Nein.
Die aktuelle, sgn. neoliberale oder neokonservative Politik förderte die Umverteilung von unten nach oben. Und ist beim schwachen Wirtschaftswachstum damit für das verantwortlich, was sie beklagt und mit Negativzinsen oder nach einer Abschaffung des Bargeldes möglichen Zwangs-Sonderabgaben noch verschärft.
DAX: Genau nach Plan!
In der vergangenen Woche hatte ich auf die Bedeutung des gestrigen, ersten großen Verfalltermins der Optionen und Futures dieses Jahres hingewiesen und unterstrichen, welcher Stellenwert dabei der 10.000er Marke zukommt.
Dieses Kursniveau hatte der DAX erst am Donnerstag und dann erneut gestern zu knacken versucht, war jedoch in beiden Fällen dann wieder unter diese „big figure“ gefallen. Wie perfekt der Index die untere Begrenzung des im Langfristchart erkennbaren Auf-wärtstrendkorridors ausgetestet hat, sehen Sie.
Damit geht es jetzt entweder um den Wiedereintritt in den Haussekanal oder aber um die Wiederaufnahme der Abwärtsbewegung. Ich meine:
Verfallstage der Terminbörsen, erst recht die vier großen Verfallstermine jedes Jahres, markieren sehr oft Wendepunkte der Börse.
Die 10.000er Marke, der perfekte Wochenchart, das auf Wochenbasis im Minus verbliebene Momentum (im oberen Chart nicht abgebildet) und die gerade vollzogene Abwärtswende dieses Indikators auf Tagesbasis lassen erwarten, dass es zu einer baldigen Wiederaufnahme der Abwärtsbewegung kommen wird. Erstes Ziel: Das bisherige Jahrestief bei 8.700!
In meinem Börsendienst www.secretz-online.de verfolge ich den Tageschart natürlich. Die letzten beiden Trades nach unten waren erfolgreich, der nächste wird es wieder sein. Secretz arbeitet mit sehr defensiven Derivaten – was jeder Leser natürlich auch anders handhaben kann. Hauptsache, die empfohlene Richtung passt! Ein 30 Tagestest des Börsendienstes kostet nichts. Passt er nicht zu Ihnen, melden Sie sich mit einer formlosen E-Mail einfach wieder ab!
Minenaktien: Senkrechtstarter
An der Inflation, einem der traditionell stärksten Argumente der Edelmetall-Fans, kann es kaum liegen, dass Gold und Silber jetzt tatsächlich einmal begonnen haben, so etwas wie eine Bodenbildung oder gar eine Trendwende einzuleiten.
Ich hatte Ihnen ja zuletzt wiederholt geraten, in diesem Bereich zu investieren. Nie(!) in irgendwelche Zertifikate, die Ihnen den Bezug von Edelmetallen garantieren. Einfacher Grund: Davon gibt es weltweit beispielsweise bei Gold rund fünfhundertmal mehr als physisches Material.
Sieht man sich die Entwicklung des Gold- und Silberminen-Index der Börse von Philadelphia (XAU) an, ist die Aussage schon eindeutig: Der Index hat zum letzten Jahreswechsel kurz das Tief von 2000 unterschritten, sich seitdem aber um über 75 Prozent erholt. In Secretz (s. o.) habe ich erst Pan American Silver und nun Sabina Gold & Silver gekauft. Sicherlich:
Auf einen derartigen Kursanstieg der Minenaktien (man braucht ja fast gar keine Derivate mehr!) wird es so gut wie sicher zu einer Gegenbewegung nach unten kommen. Und das ist gut so. Denn erstens wird damit die „überkaufte“ Lage abgebaut (OB/OS selbst auf Wochenbasis bei 100 Prozent) und zweitens bekommen Späteinsteiger dann auch noch eine Chance!
EUR/GBP: Wette auf den Brexit
Nachrichten wie die heutige kommen auch in Groß-britannien an: Der vermutliche Drahtzieher der Anschläge in Paris, Sahal Abdeslam, hatte Wochen vor dem Attentat drei Männer aus einer Flüchtlingsunterkunft in Ulm abgeholt. „Schutzsuchen-de“, wie es so schön heißt.
Deutschlands nach innen und außen verantwortungslo-se Politik könnte sich am 23. Juni beim Volksentscheid der Briten über den Verbleib der EU bitter rächen. Und die EU darf beten, dass das „Wir schaffen das“
bis dahin nicht noch mehr Unschönes gebiert. Einige britische Zeitungen nehmen nun einmal kein Blatt vor den Mund und weisen wieder und wieder darauf hin, dass es um Deutschlands Flüchtlingspolitik vermutlich schlechter bestellt ist als um Δούρειος Ἵππος Doúreios Híppos, das Trojanische Pferd. Mit Freuden, so die Mythologie, nahm Troja damals das vermeintliche Geschenk der listigen Griechen entgegen. Den Rest kennen Sie.
Deutschlands „Sicherheitsarchitektur“ besteht nicht mehr. Und das Land wird zum Exportschlager von Terroristen für die Nachbarländer. Eben auch Großbritannien, einem erklärten Ziel des IS. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Briten am 23. Juni „No“ zur EU sagen werden, ist durch Ulm gewachsen. More to follow, I fear. Eine Wette auf einen gegenüber dem Pfund steigenden Euro halte ich für aussichtsreich!
Rohöl: Entscheidung voraus
Der ja angeblich „unmögliche“ Niedergang des Öl-preises endete recht genau an der von mir hier im Newsletter prognostizierten Zielmarke von 30 Euro. Seitdem greift hier der volkswirtschaftlich so bezeichnete Schweinezyklus https://de.wikipedia.org/wiki/Schweinezyklus. Immer mehr Förderanlagen werden wegen Unrentabilität geschlossen, neue Bohrversuche (Rig Counts) aufgegeben.
Das drückt aufs Angebot. Aber den Angebotsüberhang nach dem Wiedereintritt des Irans in den Ölhandel wird das kaum kompensieren können, solange Saudi-Arabien sein Öl unterhalb der Förderkosten auf den Markt spült und „die Welt“ versucht, Russland über das Ölpreis-Bashing wirtschaftlich zu ruinieren. Was ein auswegloses Unterfangen ist, da Moskau Peking als Abnehmer seiner Ölvorkommen an sich gezogen hat.
Öl: Ich bleibe noch neutral. Aber die nächste Chance zum Put-Kauf wird kommen. Meine Zielerwartung: Unter 10 IS$/barrel! Woraus sich etwas machen lassen wird.
Viel Erfolg und beste Grüße!
Axel Retz