Fortsetzung der Achterbahnfahrt am Ölmarkt
Nicht nur Gold und Silber standen in den vergangenen Wochen unter Druck. Auch beim Ölpreis ließen die Bären zuletzt ihre Muskeln spielen. Der starke Jahresauftakt ist Geschichte – bieten nun aber auch Chancen für Neueinsteiger.
Das Börsenjahr ist eigentlich noch recht jung, aber die Investoren am Ölmarkt haben bereits eine ordentliche Berg- und Talfahrt hinter sich. Zumindest der Jahresbeginn konnte sich sehen lassen. Öl der Sorte Brent knackte Mitte Januar den robusten Widerstand im Bereich um 110/112 Dollar. Seit Sommer vergangenen Jahres war die Notierung mehrfach an dieser Hürde gescheitert, entsprechend dynamisch ging es daher nach oben. In der Spitze wechselte das Fass Mitte Februar für rund 119 Dollar den Besitzer. Auf den impulsiven Anstieg folgte aber auch ein ebenso dynamischer Rücksetzer. Aktuell steht Brent erneut bei 110 Dollar und notiert erstmals seit Mitte Dezember wieder unter der 55-Tage-Linie.
Schlechte Nachrichten gibt es genügend. In Europa knabbern die Märkte noch an den Folgen der Parlamentswahl in Italien. Vorerst zeichnet sich in Rom keine tragfähige Regierungsbildung ab. Noch drastischere Töne kamen am Wochenende vom Überraschungssieger, Beppe Grillo. „Ich gebe den alten Parteien noch sechs Monate – und dann ist hier Schluss“, sagte der prominente Komiker dem Nachrichtenmagazin „Focus“. „Dann können sie die Renten nicht mehr zahlen und auch die öffentlichen Gehälter nicht mehr“. Unterdessen wächst die wirtschaftliche Kluft zwischen Deutschland und den meisten anderen Euro-Staaten. Im Januar verloren 201.000 Beschäftigte in der Währungsunion ihren Job, die Arbeitslosenquote stieg auf den Rekordwert von 11,9%. Die Unterschiede sind enorm: Deutschland weist mit fünf Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote auf, Griechenland und Spanien bilden das unrühmliche Ende mit Quoten von 27%. Bedenklich auch die Jugendarbeitslosigkeit von knapp 39% in Italien. Prompt mehren sich wieder die Stimmen nach verstärkten Interventionen der EZB. Der französische Industrieminister Arnaud Montebourg nannte die Europäische Zentralbank am Sonntag „bemerkenswert untätig“ in einer Situation in der es „Entschlossenheit“ und „zielstrebiges Handeln“ brauche. Montebourg fordert den Aufkauf von Staatsanleihen und plädiert für Maßnahmen, um den Kurs des Euro zu drücken.
Aber auch in China trüben sich die Konjunkturperspektiven ein. Im Februar bewerteten die Manager in den Führungsetagen der chinesischen Industrieunternehmen die Lage schlechter als noch zu Jahresbeginn. Der entsprechende Index für den Dienstleistungssektor, den die Großbank HSBC berechnet, sank im Februar von 56,2 Punkten im Vormonat auf 54,0 Zähler. Zuvor hatten bereits die Indikatoren für das verarbeitende Gewerbe auf eine gedämpfte Stimmung hingewiesen.
Die Experten der Commerzbank sprechen aber nur von einer stimmungsgetriebenen schwächeren Entwicklung am Ölmarkt. Trotz der mauen Konjunkturdynamik waren die chinesischen Ölimporte in den vergangenen Monaten relativ konstant. Schwächere Konjunkturdaten müssen somit nicht zwingend auch eine geringere Ölnachfrage bedeuten. Nach Angaben der US-Energiebehörde EIA sind die globalen Ölbestände in den vergangenen 60 Tagen um rund 1,3 Mio. Barrel pro Tag gesunken. Die damit einhergehende Verknappung des Angebots sollte den Preis nach unten hin stützen. Ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor bleibt auch die instabile Lage in Ölförderländern im Nahen Osten und Nordafrika. Zusammenfälle zwischen rivalisierenden Milizen oder Produktionsausfälle in Libyen werden derzeit nicht beachtet. „Dies zeigt, wie übertrieben negativ die Marktstimmung derzeit ist“, schreibt die Commerzbank.
Seitwärts oder aufwärts – die Entscheidung wird bald fallen
An den Terminmärkten scheinen die Strategen eher auf fallende Kurse zu setzen. Brent liegt derzeit deutlich in Backwardation. Die Futures an der NYMEX für das schwarze Gold der Nordsee staffeln sich aktuell wie folgt:
Kurzfristig geht es für Brent darum, ob der Preis wieder in die Handelsspanne aus der zweiten Jahreshälfte 2012 zurückfällt oder nicht. Die Schlüsselmarke liegt bei rund 110 Dollar. Fällt die Notierung weiter, ist mittelfristig eher mit einer richtungslosen Entwicklung zwischen 102 bis 110 Dollar zu rechnen. Entsprechend wären Inline-Optionsscheine zu favorisieren. Interessant für dieses Szenario ist z.B. ein Papier der Societe Generale mit Grenzen bei 85 und 140 Dollar (WKN: SG3P48). Dafür sprechen auch die insgesamt durchwachsenen fundamentalen Rahmenbedingungen. Noch besteht aber auch die Chance auf einen Pullback von der Unterstützungszone und damit auch einem erneuten Anlauf bis an das Jahreshoch.

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