Kreditspekulationen in Milliardenhöhe an der Wall Street

Mit einem Wochenplus von fast zwei Prozent präsentierte sich der DAX zuletzt sehr stark. Anders als in den USA blieben den Bullen neue Rekorde aber noch verwehrt. Für die kommenden Tage sind viele Strategen eher skeptisch eingestellt.  

In den Marktkommentaren zum Wochenauftakt ist eine gute Prise Skepsis enthalten. Weiter steigende Aktienkurse sind nach Einschätzung von „Experten“ vorerst eher unwahrscheinlich. Überhitzte Stimmungsindikatoren, eine gefährliche Sorglosigkeit und schwächere Konjunkturdaten bei steigenden Aktienkursen mahnen demnach zur Vorsicht. Zudem beginnt am Dienstag mit den Zahlen von Alcoa die Berichtssaison in den USA, auch hier drohen negative Überraschungen. Dennoch: Wirklich neu sind die Gründe gegen eine Fortsetzung der Rally nicht. Bereits seit mehreren Wochen zeigen viele technische Indikatoren für die Wall Street auf Konsolidierung, doch der Rücksetzer bleibt bisher aus. Inzwischen steigt der S&P500 seit 25 Monaten ohne eine bereinigende Korrektur von mindesten 10 Prozent. Nach Berechnungen der Helaba kam es in den Bullenmärkten seit 1928 überwiegend nach neun Monaten zu entsprechenden Verlusten. Obwohl somit die Wahrscheinlichkeit eher für die Bären spricht, rechnet offenbar niemand mit fallenden Kursen. Mit knapp zehn Prozent liegt die Volatilität auf den US-Leitindex auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang 2007.

Als Bremsklotz könnte sich nur eine bereits seit Jahren bewährte obere Aufwärtstrendlinie erweisen, die dem S&P 500 derzeit Luft bis maximal 2000 zubilligt. Sollte der US-Leitindex die runde Schwelle erreichen, könnten viele eher kurzfristig ausgerichtete Anleger die Seite wechseln und ihre Buchgewinne realisieren. Nicht selten werden runde Kursmarken als Orientierungsmarken für Gewinnmitnahmen genommen.

Auch die Veränderungen beim Volumen der Aktienkäufe auf Pump sollte man genau verfolgen. Die Summe aller ausstehenden Kredite, die für Aktienkäufe an der New Yorker Börse verwendet werden (Margin Debt), lag im Mai nahezu unverändert bei 438 Mrd. Dollar. Gegenüber dem Februar-Rekordniveau bleibt ein Rückgang von gut 27 Mrd. Dollar. Vor den beiden letzten größeren Trendumkehrbewegungen an den Aktienmärkten in 2000 und 2007 erwies sich die Margin Debt als verlässlicher Indikator, um frühzeitig die Seite zu wechseln (s. Charts). Wenige Monate bevor die Bären das Zepter übernahmen, fielen bereits die Spekulationen auf Kredit.

Stunden- und Tagesanalyse:

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Mit einer Kursspanne von nur 23 Punkten verabschiedete sich der DAX am Freitag in das wohlverdiente Wochenende. Wegen des Feiertags in den USA hielten sich auch in Frankfurt die Akteure mit neuen größeren Engagements zurück. Erst heute besteht die Chance, dass frische Impulse aus Übersee auch den DAX bewegen. Zumindest zur Eröffnung sind keine größeren Bewegungen zu erwarten, der Index steht eine Stunde vor Handelsbeginn unverändert bei 10.005.

Positiv bleibt festzuhalten, dass Gewinnmitnahmen bisher nicht zu beobachten sind. Wer investiert ist, rechnet offenbar mit weiter steigenden Kursen. Zugleich werden Rücksetzer nach wie vor zum Einstieg genutzt, der DAX scheint somit gut auf der Unterseite abgesichert zu sein. Sollte das bisherige Hoch bei rund 10.050 überwunden werden, müssen sich neue Widerstände erst noch  ausbilden.

Aus technischer Sicht sind relevante Haltemarken in der unmittelbaren Umgebung hingegen Mangelware. Mit viel Glück erfährt der Markt bereits bei 10.000 eine Stabilisierung. Fallen die Kurse weiter zurück, dienen Fibonacci-Marken als Orientierung. Die 38 Prozent-Schwelle um 9920 dürfte zusammen mit der 21-Tage-Linie bei 9930 einige Schnäppchenjäger anlocken. Ähnliches gilt auch für das Areal um 9890 / 9900.

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Wochenanalyse:

MACD mit gefährlicher Divergenz

Mittel- bis langfristig betrachtet ist die Rally trotz der seit gut sieben Monaten laufenden Konsolidierung weiterhin als intakt zu bezeichnen. Richtungsweisend ist ein seit Sommer 2012 bestehender Aufwärtskanal, dessen Extremzonen mehrfach bestätigt wurden und somit über eine gewisse Relevanz verfügen. Während zum Jahreswechsel verstärkt die Oberseite im Fokus stand, führte die jüngste Konsolidierung zu widerholten Tests der unteren Aufwärtstrendlinie. Bisher nutzten die Käufer jeden Rücksetzer zum Einstieg, ein Kursverhalten, das wir auch im vergangenen Jahr mehrfach gesehen haben. Lediglich die Tatsache, dass der DAX bereits länger nicht mehr die obere Trendlinie angelaufen hat, kann als Schwächesignal ausgelegt werden.

Aus technischer Sicht stellt die 10.000er-Schwelle nur eine unbedeutende Kursmarke dar. Inzwischen scheint der psychologische Effekt aber den DAX zumindest zu einer Atempause zu zwingen. Potenzial auf der Oberseite wäre durchaus noch vorhanden, mittelfristig lässt der Kanal Platz bis 10.850.

Auf der Südseite ist der DAX gut abgesichert. Neben der erwähnten, zuletzt mehrfach bestätigten Aufwärtstrendlinie bei derzeit rund 9500 sorgen auch die 200-Tage-Linie bei 9385 und die breite horizontale Unterstützungszone um 8900 / 9000 für Sicherheit. Eine größere Umkehrformation und somit Schwächesignal in der mittel- bis langfristigen Zeitebene wird erst mit Kursen von unter 8900 aktiviert.

Warnsignal kommen von der Markttechnik. Der DSS Bressert ist in seine obere Extremzone vorgestoßen und kippt allmählich in den neutralen Bereich. Der MACD bildete sogar gegenüber seinem Hochpunkt zum Jahreswechsel eine tiefere Umkehr aus, obwohl der DAX neue Hochs erreichte. Diese negative Divergenz muss genau verfolgt werden und könnte ein Hinweis auf eine größere Korrekturbewegung sein.

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Monatsanalyse:

Zwei Szenarien für die Zukunft

Im abgebildeten Monatschart seit 1960 wird vor allem die Bedeutung des Kursbereichs um 8000 / 9000 deutlich. Nach dem Ausbruch aus einer rund 20 Jahre andauernden Seitwärtsbewegung im Jahr 1983 zeigte der DAX bis zur Jahrtausendwende eine ausgeprägte Rally-Bewegung. Mit dem Platzen der Spekulationsblase wurde diese Aufwärtsbewegung in den vergangenen 13 Jahren konsolidiert. In dieser Zeit bildete der Deutsche Aktienindex deutlich steigende Bewegungstiefpunkte aus, was auf einen allmählich steigenden Kaufdruck deutet. Der Sprung über die Hochpunkte aus dem Jahr 2000 und 2007 bei 8200 war somit nur eine Frage der Zeit. Der DAX löste ein sehr bullish aufsteigendes Dreieck nach oben hin auf, aus dem theoretisch Notierungen deutlich jenseits der 10.000er-Marke abgeleitet werden können.

Nach dem nun erfolgten Ausbruch sind zwei grundsätzliche Szenarien denkbar. Aufgrund der Bedeutung der Zone um 8200 wäre eine Rückkehrbewegung und somit ein Retest des Ausbruchsniveau nicht überraschend. Ein möglicher Wendepunkt könnte an der psychologisch wichtigen Schwelle von 10.000 liegen. Ausgehend von einem kurzen Test der fünfstelligen Kursmarke wäre mit einer Korrektur bis in den Bereich von 8200 / 8500 zu rechnen, von dem aus dann eine nachhaltige Aufwärtsbewegung erfolgen würde. Zugleich eröffnet sich Anlegern, die den Einstieg bisher verpassten, auf langfristige Sicht noch einmal eine gute Einstiegsgelegenheit.

In einem zweiten Szenario bleibt ein Test der Zone um 8200 von oben aus. Stattdessen läuft der Markt nach einer recht wahrscheinlichen Konsolidierung bei rund 10.000 weiter aufwärts. Neue Widerstände müssten sich erst noch herausbilden. Unwahrscheinlicher erscheint hingegen ein Rücksetzer unter das Ausbruchsniveau von 8200.

Auf Basis der Indikatoren wäre noch ein wenig Luft nach oben vorhanden. Beachten Sie vor allem den trendfolgenden MACD, der in den vergangenen 13 Jahren eigentlich recht zuverlässig die Wendepunkte beim DAX antizipierte. Allmählich erreicht der Signalgeber die Niveaus aus dem Jahr 2000 und 2007 (rote Linie).

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Posted in: Deutschland

About the Author:

Franz-Georg Wenner ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare und referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. Zusätzlich betreute er für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. Bereits seine Diplomarbeit im Fachbereich BWL der Uni Düsseldorf beschäftigte sich mit der Intermarket-Analyse.

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