By 8. Januar 2015 Read More →

Silber und Adidas – „erste Sahne“, wenn…

Der Jahresstart verlief ein wenig holprig. Das ist ungewöhnlich, aber nach der irgendwie ausgefallenen Jahresendrallye auch nicht verwunderlich. Die Fonds und andere große Adressen trauen sich nicht aus der Deckung, während den Kleinanlegern jetzt eingebläut wird, Aktien zu kaufen. Kann man machen, muss man aber nicht.

Liebe Leserinnen und Leser,

in knapp drei Wochen ist es soweit: Die Griechen schreiten zur Wahl. Vor Portugal, Spanien und Großbritannien ist Griechenland damit das erste Land, in dem in diesem Jahr an der Urne über die „Austeritätspolitik“ abgestimmt wird. Die Warnungen aus Brüssel und Berlin, die Griechen sollten sich sehr genau überlegen, wo sie ihr Kreuzchen machen, da dem Land bei einer „falschen Wahl“ die Armut drohe, muss von den Hellenen als übler Scherz verstanden werden. Die Arbeitslosenquote liegt bei 25 Prozent, bei den unter 24-Jährigen bei über 50 Prozent, die Löhne wurden gekürzt, die Renten ebenfalls. Und seine Schulden wird Griechenland, das weiß jeder, der sich auf das kleine 1 x 1 versteht, aus eigener Kraft nie mehr begleichen können. Gewinnt die Syriza die Wahlen, ist das Kommende ungewiss, ja. Aber so wie es jetzt ist, hat das Land keine Perspektive.

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Der griechische Aktienmarkt ist nun wieder auf Tauchstation gegangen. Und die Massenplünderung ihrer Konten durch die Griechen in den letzten Tagen hat gezeigt, dass sich die Bürger auf das Schlimmste vorbereiten.

Die Frage ist, wie der Euro auf einen möglichen Austritt Griechenlands oder auf einen durchaus als Präzedenzfall tauglichen Schuldenschnitt für das Land reagieren würde. Zum Wochenschluss spielte die Gemeinschaftswährung mit der Marke 1,20 gegenüber dem US-Dollar. Bei 1,1875 liegt das Tief aus Juni 2010. Fällt es, wird meine Erwartung eines Anlaufs auf die Dollar-Parität des Euro noch wahrscheinlicher, zumal von der Federal Reserve zu hören ist, dass die erste Zinsanhebung vermutlich schon innerhalb der ersten Jahreshälfte zu erwarten ist. Unter 1,1875 sind EUR/USD-Puts daher m. E. eine Überlegung wert!

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Rohöl: Fallsucht

Wie Sie wissen, lautet mein Preisziel für Rohöl der Sorte Brent seit langem 50 US-Dollar. Und wie es aussieht, könnten wir diese Marke relativ bald erreichen. Und dann?

Damm muss sich erweisen, ob diese mehr psychologische als charttechnische Bastion verteidigt werden kann oder nicht. Bis jetzt deutet beim Momentum noch rein gar nichts auf eine Verlangsamung der Abwärtsdynamik hin. Und das bedeutet:

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Sollte auch die Marke von 50 US$/barrel unterboten werden, ist ein weiterer Sturzflug bis auf das Tief vom Jahreswechsel 2008/2009 nahe 35 US$ durchaus realistisch. In meinem Kapitalschutz-Brief (www.kapitalschutz-brief.de) habe ich Ende Oktober einen Öl-Put gekauft, der aktuell mit 57,23 Prozent im Gewinn liegt. Und bis auf das kontinuierliche Nachziehen des Gewinn sichernden Stopps gab und gibt es hier keinen Handlungsbedarf.

Rogers Commodity-Index: Trübe Aussichten

Bei Öl trifft es ja sicherlich zu, dass zwischen der traditionellen Förderung und dem Fracking ein gnadenloser Verdrängungswettlauf im Gange ist. Das allein erklärt den Preissturz aber nicht. Denn auch im Rogers Commodity-Index, der ja einen ganzen Korb von Rohstoffen abbildet, geht es weiterhin kräftig in Richtung Süden.

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Und das bedeutet nichts anderes, als dass die Big Player an den Rohstoffmärkten von einer sich deutlich abkühlenden Weltwirtschaft ausgehen. Einen besonderen Dorn im Auge dürfte die Entwicklung der Rohstoffpreise für die EZB darstellen. Denn über die Kette Rohstoffpreise, Produzenten- und schließlich Verbraucherbreise hat sich hier zusätzlicher, potentiell deflationär wirkender Druck aufgebaut. Und:

Je weniger die Rohstoffproduzenten verdienen, umso stärker fallen sie als Akteure an den Finanzmärkten aus. Charttechnisch würde es auch hier kaum verwundern, wenn wir relativ rasch bis auf die Tiefs aus 2009 zurückkämen!

Um das Bild zu komplettieren, der Blick auf den Baltic Dry-Frachtraten-Index. Am Freitag sank er auf 771 Punkte, womit er genau 63,5 Prozent unterhalb des Standes von vor einem Jahr notierte.

Natürlich spielen hier auch die gewaltigen Überkapazitäten der Redereien eine Rolle. Aber der Vergleich mit den früheren Hochs lässt kaum Zweifel daran, dass auch die nachlassenden Wachstumskräfte der Weltwirtschaft mit verantwortlich für die Entwicklung sind.

Alles in allem vermittelt der gesamte Rohstoffbereich aktuell ein ausgesprochen trübes Bild. Dazu so gar nicht passen wollen bis jetzt die ausgesprochen hohen Aktienbörsen zumindest der USA, Deutschlands und Japans. Aber zumindest beim DAX sollten die Anleger jetzt auf der Hut sein. Sehen wir uns einmal an, warum.

DAX: Geht ihm nun die Puste aus?

Anfang Dezember war dem deutschen Aktienindex der Ausbruch auf ein neues Allzeithoch gelungen – natürlich im Schlepptau der Wall Street. Soweit, so gut. Schaut man im abgebildeten Wochenchart aber einmal auf den Money Flow Index, sieht die Sache schon etwas anders aus.

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Der Index, die aus einer Ratio der umsatzgewichteten positiven und negativen Kursveränderungen berechnet wird, hat seit Herbst 2013 so etwas wie eine Abwärtstrendlinie über sich. Das heißt: Die Hausse krankt, da die auf steigende Kurse entfallenden Umsätze sukzessive auf dem Rückzug sind. Eine solide Aufwärtsbewegung sieht anders aus. Aber auch der Tageschart (nicht abgebildet) sendet nun Warnsignale aus. Denn hier ist der Momentum- Indikator am letzten Handelstag 2014 erstmals wieder unter 100 gefallen, was nach klassischer Lesart als Verkaufssignal zu interpretieren ist. Interessanterweise ergab sich beim Dow Jones am 30.12. exakt das gleiche Bild, nachdem sich hier zuvor eine gewaltige „negative Divergenz“ gebildet hatte.

Die Gefahr, dass die Kurse nach dem (für die Berechnung der Banker-“Boni“ wichtigen Jahresultimo jetzt in schwierigeres Fahrwasser geraten, ist aus technischer Sicht nicht von der Hand zu weisen. Sicherlich: In den USA herrscht ja „Aufschwung“. Man fragt sich nur, wo denn eigentlich. Zweifellos nicht am Arbeitsmarkt, der wie der hiesige nur durch immer mehr „atypisch Beschäftigte“ bzw. „prekäre Beschäftigungsverhältnisse“ statistisch hochgejubelt wird. Und erst recht nicht am Immobilienmarkt, der trotz aller finanziellen Klimmzüge der Federal Reserve nach der „Subprime- Krise“ nie mehr richtig gesundet ist.

Interessant sieht aber auch der Blick auf den Empire State Manufacturing-Index aus, der im Dezember erstmals wieder in den negativen Bereich abgerutscht ist.

In ein paar Tagen wird die Earning Season in den USA beginnen. Und man darf gespannt sein, ob sich der „Aufschwung“ auch in den  Unternehmensdaten widerspiegelt. Falls nicht, wird es ungemütlich.

Silber: Noch nicht vom Eis

Weiterhin ausgesprochen interessant sieht Silber aus. Gerade auch wegen der immer größer werdenden Deflationsrisiken, denen die Notenbanken  offenkundig so gut wie machtlos gegenüber stehen.

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Der Versuch, sich oberhalb der vom 2011er Kurshoch ausgehenden Abwärtstrendlinie zu etablieren, ist nun bereits wieder Geschichte; per Freitag landete der Unzenpreis wieder genau auf dieser Geraden. Wird sie unterkreuzt, dürfte es zu einem sofortigen Angriff auf das letzte Tief kommen. Fällt auch das, sind Silber-Puts „erste Sahne“!

adidas: Das kann noch tiefer gehen!

Die rote Laterne des vergangenen Jahres ging im DAX an adidas. Und das, obwohl das Unternehmen von der Fußball-WM so etwas wie einen Joker verliehen bekommen hatte. Russland ist hier das eine Problem. Hinzu kommt, dass technisch angeschlagene Aktien bei einer Korrektur des Gesamtmarktes in der Regel stärker verlieren als der Index.

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Bei einem Schlusskurs unter 52,90 Euro halte ich adidas daher für eine ausgesprochen lukrative Put-Chance mit erstem Kursziel von 42 Euro!

ZUSAMMENFASSUNG:

Krisen, wo man hinblickt. Und keine, die danach aussieht, als ob sie bald von der Bildfläche verschwände. Bis jetzt haben sich die Aktienmärkte dem ausgesprochen tapfer widersetzt. Wohl auch, weil die Anleger so gut wie nichts haben, das sich als Alternative anböte. Der rasante Verfall der Rohstoffpreise und die damit einher gehenden, zunehmenden Deflationsrisiken schweben allerdings wie ein Damoklesschwert über der Weltwirtschaft. Und auch Aktien sind nicht „unfallbar“.

Technisch betrachtet, mehren sich die Hinweise auf ein holpriges Börsenjahr. Mit den anstehenden Wahlen in Griechenland naht die erste Nagelprobe dieses Jahres. Nicht nur für die Aktienmärkte, auch für den Euro. Daraus lässt sich aber trefflich etwas machen. Ebenso wie aus den Chancen bei Silber und/oder adidas. Wer bei Öl mitgespielt hat, zieht einfach seinen Stopp nach.

Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

About the Author:

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

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