By 21. November 2014 Read More →

Rekorde mit kurzer Halbwertszeit

Die ökonomische Welt, in der wir leben zu glauben und die, in der wir tatsächlich leben, das sind zwei ganz verschiedene Paar Stiefel. Weil alles daran gesetzt wird, uns einen real nicht existierenden Aufschwung zu verkaufen, vor allem in den USA und China.

Liebe Leserinnen und Leser,

Statistik ist schon eine Wunderwaffe der besonderen Art. Zwei Beispiele möchte ich dazu heute nachreichen: Vor geraumer Zeit warb ein US-Energieversorger einmal für eine bessere Beleuchtung innerstädtischer Straßen. Dazu schockierte das Unternehmen mit einer Statistik, der zufolge 96 Prozent der Straßen schlecht ausgeleuchtet seien und wies darauf hin, dass sich auf diesen Straßen 88 Prozent der gesamten Straßenkriminalität abspielten. Oh weh? Nein.

Denn im Umkehrschluss bedeutet dass, das sich zwölf Prozent der Straßenkriminalität auf jenen vier Prozent der Straßen ereignen, die gut ausgeleuchtet sind. Die Wahrscheinlichkeit, auf einer gut ausgeleuchteten Straße Opfer eines Verbrechens zu werden, läge damit rund dreimal so hoch wie die Chance, auf einer eher dunkleren Straße einen Angreifer zur Strecke bringen zu können.

Was die US-Arbeitsmarktstatistik betrifft, wissen Sie: Sie wird anhand einer Telefonumfrage erstellt, nicht aus harten Daten berechnet. Und bei einer solchen Art von Befragung ist es ganz wesentlich, wie gefragt wird. Fragen Sie einmal unter Arbeitgebern nach, ob sie es gut fänden, wenn Ihre Arbeitnehmer während der Arbeit essen. Das Ergebnis dürfte klar sein. Fragen Sie hingegen, ob die Arbeitgeber einverstanden wären, dass ihre Angestellten während des Essens arbeiten, werden Sie von den gleichen Leuten als Antwort das genaue Gegenteil erhalten.

Noch schlimmer wird es, wenn wir es mit Daten zu tun haben, deren Validiiät und Reliabilität nicht nachvollziehbar sind. US-Hedgefondsmanager Paul Elliot Singer drückte sich dazu in seinem jüngsten Quartalsbericht zur Entwicklung der US-Wirtschaft so aus: „Niemand kann vorhersagen, wie lange es den Regierungen noch gelingen wird, mit „getürktem Wachstum, getürktem Geld, getürkten Jobs, getürkter Finanzstabilität und getürkten Einkommenszuwächsen durchzukommen.“ Mr. Singers Quintessenz: „Der Optimismus für die US-Wirtschaft ist unbegründet – die Daten sind frisiert.“.

EZB: Darum an ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen (Mt 7,20)

In der Eurozone haben sich derweil gewisse (Un-)Gesetzmäßigkeiten durchgesetzt: Die Verträge von Maastricht oder Lissabon oder in die EZB-Statuten erweisen sich mehr und mehr als reine Papierverschwendung. Und so langsam drängt sich der Eindruck auf, dass es in der EU als „chic“ gilt, Vertragsverletzungen zu begehen.

In der Gewissheit, dass es bis zur rechtsgültigen Klärung Jahre dauern wird, werden zur sgn. „Rettung“ des Euro Fakten geschaffen, die die Südflanke Europas in den Offenbarungseid oder die Nordflanke zum vertraglich untersagten „Bailout“ zwingen, die politische Mitte der Euro-Länder wird zerstört, ebenso der die Volkswirtschaften tragende Mittelstand, der auf dem Altar des hinter verschlossenen Türen verhandelten TTIP noch einmal gründlich nachgegrillt werden soll.

Und das alles unter der Führung einer EU-Kommission, der absolut jedwede demokratische Legitimation fehltund die den Menschen mit Wattvorgaben für Staubsauger, Toaster oder Föns gewollte „Aufreger“ hinwirft, damit sie bloß nicht einmal damit anfangen, sich für das eigentliche Treiben der m. E. durch und durch von Lobbyisten internationaler Großkonzerne gelenkten Kommission zu interessieren.

Aber: Die EZB wird es schon richten! Das zumindest glauben die Medien und die meisten Anleger, die die extrem expansive Geldpolitik des Ex-Goldman Sachs-Bankers Mario Draghi für das Gelbe vom Ei halten. Aber wie expansiv ist die EZB wirklich, was tut sie zur Bekämpfung der unverkennbar aufziehenden Deflation?

Der von der EZB angekündigten, massiven Ausweitung ihrer Bilanzsumme auf erneut drei Billionen Euro steht in der Realität so ziemlich nichts gegenüber:

Trotz des ganzen verbalen Tralalas, dessenthalben sich die Börsianer auf die Schenkel klopfen, befindet sich die Bilanzsumme des Eurosystems massiv auf dem Rückzug. Und eben nicht in der Expansion! Den Grund hatte ich Ihnen ja schon mehrmals genannt: Wenn Unternehmen oder Private keine Kredite haben wollen, kann eine Notenbank Klimmzüge machen, bis der Bizeps platzt. Und wenn Geschäftsbanken für ihre bei der EZB geparktes Kapital, das sie eben mangels Nachfrage nicht an Kreditnehmer herausreichen geschweige denn damit Geld verdienen wollen, auch noch Strafzinsen zu zahlen haben, dann beweist das nur, was die EZB selbst vom Euro hält und dass hier Leute an Fäden ziehen, von denen sie noch nicht erkannt zu haben scheinen, dass sie in einen „gordischen Knoten“ einmünden. Um gleich bei der griechischen Mythologie zu bleiben: Einen Ariadne-Faden, entlang dessen man sich wieder aus dem Dilemma befreien könnte, hat die EZB nicht dabei.

Dafür waren und sind sich die Herrschaften viel zu gewiss, immer das Richtige zu tun. Der Minotaurus wartet schon. Eine Gestalt mit Menschenkörper und Stierkopf.

Europa, um es nun zu Ende zu bringen, ritt auf dem Rücken des sich selbst in einen Stier verwandelt habenden Götterkönigs Zeus ein wenig durch die Historie. Die Verwandlung war nötig, da Zeus‘ Gattin Hera ihm misstraute. Aus gutem Grund, hatte sich der Schwerenöter ihr doch in Gestalt eines Kuckucks genähert.

Europa war der Überlieferung zufolge aber nicht nur Zeus‘ Gattin, sondern auch seine Schwester. Schlimm, schlimm, wie es damals zuging, gell? Knapp über 40 Prozent der Russen, so berichten es kopfschüttelnd die Medien, betrachten Homosexualität als schweres Verbrechen. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass es im Vatikan 100 Prozent sind. Nicht weiß ich, wie es dort gehandhabt wird, um es einmal so phantasielos auszudrücken. Nicht vorenthalten möchte ich Ihnen ein Statement von Steffen Bogs, dem Herausgeber von www.querschuesse.de, dem ich meine Zustimmung nicht verweigern kann:

„Wir leben in einem zutiefst kranken Land, seit 29 Monate in Folge schrumpft in der Eurozone das ausstehende Kreditvolumen des Privatsektors, die Wirtschaften lahmen, die Südperipherie ist bereits in Teilen deindustriealisiert, Deflation schwebt über dem Euroraum, die Konsumentenpreise und Geldmengenaggregate liegen allesamt unter den Zielwerten, die Hersteller- und Erzeugerpreise sind gar negativ, trotzdem verhängt man gegen andere Wirtschaftssanktionen, mit negativen Auswirkungen auf Deutschland und die Eurozone.

Und Ökonomen und Medien fabulieren über eine expansive Geldpolitik, die es im Euroraum faktisch nicht gibt und seine Gefahren. Phantom- und Geisterdebatten, abseits der wirklichen Probleme, einer Zone im schleichenden wirtschaftlichen, intellektuellen und moralischen Niedergang.“

Gold: Achten auf den 30. November!

Ja doch, es gibt auf dieser Welt auch noch richtige Demokratien, in der wirklich Volkes Stimme zählt. Dazu gehört die Schweiz. Volksbefragungen nach deren Modell mag hierzulande nur die neue AfD. Am 30. November werden die Schweizer darüber abzustimmen haben, ob der Franken künftig wieder eine zumindest teilweise (20-prozentige) Golddeckung haben soll.

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Käme dafür eine Mehrheit zustande, müsste die Schweizer Zentralbank (SNB) über 1.500 Tonnen Gold ankaufen, das sie danach auch weder verkaufen noch außerhalb des Landes lagern dürfte. Dem Goldpreis würde das einen etwa zehnprozentigen Auftrieb bescheren. Aber wie Sie im Chart sehen, hat diese am Markt mittlerweile angekommene Nachricht der Unzenpreis bis jetzt noch nicht beflügeln können. Vielleicht ja auch, weil die Zustimmungsrate zu diesem Entwurf lt. einer Umfragen nur bei 44 Prozent lag. Sollten sich die Schweizer aber doch dafür aussprechen, wird das abseits des Goldpreises vor allem auch Auswirkungen auf EUR/CHF haben, da es für die SNB dann nahezu unmöglich werden wird, die Kopplung des Schweizer Franken an den Euro aufrecht zu erhalten. Ein wirklich heißes Eisen, an dem ich zwar nicht mitschmieden kann, das ich aber auch nicht mehr aus den Augen lassen werde!

Öl: Na also!

„Nie mehr“ wird Öl billiger werden, tönten unsere Top-Experten vor einem Jahr. Und wenn Sie diesen Newsletter schon ein wenig länger lesen, dann kennen Sie ja auch meine damalige (und fortbestehende) Einschätzung:

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Rohöl ist ein tolles „Konjunkturerwartungs“-Barometer, nichts anderes. Und den jetzigen Absturz begleite ich in zweien meiner Börsendienste (siehe u. a. www. kapitalschutzbrief.de) mit schönen Putpositionen. Das nächste Anlaufziel liegt bei 70 US$/barrel. Dort werden wir weitersehen. M. E. nach unten.

Wall Street: Rekorde mit kurzer Halbwertszeit

Anders als Biologie oder Physik hat mich Chemie nie in ihren Bann zu ziehen vermocht. Aber die Halbwertszeit habe ich immer hoch geachtet. Bezogen auf die Wall Street stellt sich hier die majestätisch einfache Frage, wiel lange es dauern wird, bis die von Hedgefondsmanager Singer (s. o.) richtigerweise konstatierten, gefakten Konjunkturdaten auch an der Börse ihren Tribut zollen. Meine Meinung: Keine Ahnung. Das böse Spiel läuft schon so lange gut, dass niemand wissen kann, wann es endet. Aber:

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Der abgebildete Tageschart des S&P 500, in dem immerhin rund 80 Prozent des gesamten an der Wall  Street gelisteten Aktienkapitals versammelt sind, zeigt uns ein charttechnisch durchaus bedrohliches Muster, ein „Megaphon“. Und:

Auch wenn in der Abbildung nicht erkennbar, haben wir es seit Dienstag mit vier aufeinander folgenden „Dojis“ zu tun. Candlesticks also, die uns Stillstand und nachlassende Dynamik signalisieren. Hinzu kommt, dass das Momentun nun eine deutliche Abwärtswende vollzogen hat. Meine Einschätzung hierzu: Es wird zunehmend enger. Nicht weil die Anleger auch nur ansatzweise begreifen würden, was hier vor sich geht. Aber weil es doch irgendwann einmal einen „Big Player“ geben wird, dem die ganze Chose zu heiß wird und der seine Gewinne eintüten will.

Danach käme, was in Zeiten des vornehmlich computergesteuerten Handels immer kommt: Die sich selbst beschleunigende Abwärtsbewegung. Der Crash. Ich schrieb „käme“. Werde mir aber auch nicht den Zeitpunkt entgehen lassen, an dem aus diesem Konjunktiv Wirklichkeit wird.

ZUSAMMENFASSUNG:

Die Quersumme der europäischen Wirtschaftsbilanz gibt Grund zur Sorge. Der Süden kippt regelrecht weg. Und die EZB? Sie tönt aus allen Rohren eine monetäre Expansion heraus, die es de facto gar nicht gibt.

Öl, von mir hier ja wiederholt empfohlen, läuft wie geschmiert. Und der S&P 500 scheint reif für den Blattschuss zu sein, wobei mir ein Jägerwitz einfällt, den ich Ihnen erspare. Wenn Sie sich meine Einschätzung zu den anstehenden neuen Weichenstellungen einmal für 30 Tage kostenlos ansehen wollen, testen Sie doch einfach einmal unverbindlich meinen „Kapitalschutz-Brief“. Sie finden ihn unter http://www.private-profits.de/kapitalschutz

Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

About the Author:

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal private-profits. Konservative Anleger finden dort seit Jahren bewährte, treffsichere Strategien zur Outperformance der Märkte in Hausse- und Baissephasen. Aggressivere Trader finden alle notwendigen Tools, um mit kleinem Einsatz kurzfristige Gewinne zu erzielen. „Phasen, in denen sich keine Gewinne erzielen lassen, das sind die Seitwärtsmärkte. Aber sie sind nichts anderes als Unterbrechungen im Trendverhalten. Technische oder fundamentale Analyse? Für mich macht es die Mischung!“

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